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vom Nebel bedeckt, während auf der Alb und im Ammerthal hell die Sonne scheint.

Was nun die Einwirkung des Klima’s auf die Gesundheit der Einwohner betrifft, so kann diese eine günstige genannt werden; wenn auch die etwas frischere Luft empfindlichen Lungen vielleicht weniger zusagt, so verursacht sie doch keine Lungenkrankheiten. Schleimfieber kommen zwar sporadisch vor, steigern sich aber beinahe nie zur eigentlichen Epidemie. Wechselfieber und kalte Fieber treten in den am Neckar gelegenen Wohnungen zuweilen auf und scheinen auch in einigen sich festgesetzt zu haben.

Die Landwirthschaft wird fleißig und gut betrieben; landwirthschaftliche Neuerungen, wie die Einführung verbesserter Ackergeräthe, zweckmäßig angelegter Düngerstätten etc. haben erfreulichen Eingang gefunden. Zur Verbesserung des Bodens verwendet man, außer dem gewöhnlichen Stalldünger, Jauche, Kompost, Knochenmehl, Guano und den Pferch.

Der Ackerbau wird nicht in einem geregelten System, sondern meist willkürlich betrieben und das Ackerland wegen des bergigen Terrains beinahe zur Hälfte mit der Hacke bearbeitet, das übrige größtentheils von benachbarten Bauern um den Lohn gepflügt. Von den Cerealien kommen vorzugsweise Dinkel und Gerste, weniger Haber, und Roggen nur wegen des Bindstrohs, zum Anbau; von den Brachgewächsen pflanzt man Kartoffeln, sehr viel Futterkräuter (dreiblättrigen Klee und Luzerne), viel Welschkorn, Angersen, Kohlraben, Ackerbohnen etc. Von den Handelsgewächsen ist es hauptsächlich der Hopfen, der sich seit 20 Jahren über etwa 600 Morgen ausgedehnt hat und einen durchschnittlichen Ertrag von 4000–5000 Centner jährlich abwirft; er gedeiht sehr gut und ist gleich dem Rottenburger Hopfen gesucht. Der Absatz geht vorzugsweise an Händler aus Bayern und aus der Rheingegend. Ferner baut man ziemlich viel Mohn, Flachs und Hanf für den eigenen Bedarf und nur ganz wenig Reps. Auf herzoglichen Befehl von 1708 wurden 20 Morgen mit Tabak angepflanzt, die Sache aber bald wieder aufgegeben, weil der Boden für unpassend gefunden wurde.

Bei einer Aussaat von 8 Sri. Dinkel, 4 Sri Gerste und eben so viel Haber auf den Morgen, beträgt die Ernte in den besseren Lagen 10–12, in den geringeren 6–8 Scheff. Dinkel, 6–8 Scheff. Gerste und 6–7 Scheff. Haber. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 400–1300 fl.; die häufigsten sind 800 fl. Das Getreideerzeugniß wird nicht nur in der Stadt vollständig verbraucht, sondern es muß auch noch vieles zugekauft werden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_250.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)