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das Thun und Lassen der Augustiner diene freilich mehr zum Ärgerniß als zur Besserung; man habe sich auch mehrmals darüber beschwert und sie seien selbst Schuld daran, daß sie auf dem Lande so wenig Almosen bekommen und daß niemand in’s Kloster wolle. Dem würde aber abgeholfen sein, sobald sie sich entschlößen, sich schicklich und gehorsam, wie frommen Ordensleuten gebührt, zu halten, und die Stadt würde dann zu ihrem Emporkommen alles ihr mögliche beitragen. Wenn die Lutherei und das elende Wesen im heiligen Glauben, wie sie hofften, zur Besserung gebracht werde, so zweifeln sie auch nicht, das Augustinerkloster werde von Tag zu Tag zunehmen und wieder in den alten Stand kommen. – Bei der Reformation wurde das Kloster aufgehoben, doch blieben noch einige Mönche darin; erst 1547 wurden die drei letzten in den Spital gebracht. Denn Herzog Ulrich, welchen die Universität 1540 vergeblich um Überlassung des Klostergebäudes gebeten hatte, beschloß 1547 es den Stipendiaten zur Wohnung anzuweisen, welche sie nach baulicher Herrichtung im Jahr 1548 bezogen.

Das hiesige Franciskanerkloster (Schmid Pfalzgr. Urk. 210 ff.), an der Stelle des jetzigen Wilhelmsstiftes, soll 1272 gestiftet worden sein. – Ein Guardian erscheint in einer Urkunde vom 21. Juli 1293. Sein ausgezeichnetster Nachfolger war Paul Scriptoris, um die Universität bei deren erstem Aufblühen durch tüchtige Vorlesungen verdient († 1504 zu Kaisersberg). Der berühmte Geograph, Mathematiker und Orientalist Seb. Münster war 1515 hiesiger Conventual (Zeller 141).

Reformirt wurde das Kloster 1446 auf Begehren des Grafen Ludwig von Württemberg und seiner Gemahlin Mechthild (Schmid a. a. O. 213) und schloß sich der Regel der Observanten seines Ordens an; gleichwohl blieb der Lebenswandel der Mönche nicht ohne Ärgerniß. Das Gebäude wurde 1476 durch Brand zerstört; wieder aufgebaut ging es 1540, soweit es nicht von Stein war, abermals in Brand auf. Die im Jahr 1587 noch stehenden Theile ließ Herzog Ludwig behufs der Errichtung des Collegium illustre abbrechen (s. oben).

Das hiesige St. Ursula-Nonnenkloster der dritten Regel des h. Franziscus wurde gegen 1333 gestiftet; in diesem Jahr nahmen die Pfalzgrafen Götz und Wilhelm von Tübingen dasselbe in ihren Schirm und befreiten es von allen Diensten. Es stund auf einem zum Blaubeurer Hofe (s. u.) gehörigen Platze, ziemlich entfernt vom eigentlichen Hofe und heißt noch heutzutage das Nonnenhaus (Eifert 43). Sein Kirchlein, der h. Ursula geweiht, von einem kleinen Kirchhof

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_275.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)