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selten mehr genannt, aber seine akademische Thätigkeit war von großer Tragweite und hat durch divinatorische Kombinationen Unzähligen Anregung gegeben. Mancher erntete Ruhm durch Ideen, die er aus Kielmeyers Vorlesungen geschöpft hatte. Unter seiner und Autenrieths Leitung wurde auch in den Jahren 1805–9 der jetzige botanische Garten angelegt.

Gleichzeitig mit Kielmeyer und noch eine lange Reihe von Jahren nachher lehrte nicht minder anregend der Physiologe und Kliniker Joh. Heinr. Ferd. Autenrieth. Er wurde 1797 nach mehrjährigen ausgedehnten Bildungsreisen als Professor der Anatomie und Chirurgie angestellt und übte, während seiner vieljährigen akademischen Lehrthätigkeit beinahe alle Fächer der medicinischen Wissenschaft vertretend, eine große Anziehungskraft auf Einheimische und Fremde aus. Auf seinen Betrieb wurde in den Jahren 1803–5 das erste akademische Krankenhaus Tübingens auf den Grundmauern der alten Bursa erbaut.

Das Jahr darauf begann eine durchgreifende Umgestaltung der seit alten Zeiten ziemlich unverändert erhaltenen Universitätsverfassung. König Friedrich hob durch Dekret vom 16. März 1806 mehrere wichtige Universitätsprivilegien auf. Die Befugniß des akademischen Senats, die erledigten Lehrstellen nach eigener Wahl zu besetzen, wurde von einer vorher eingeholten Genehmigung abhängig gemacht, und der privilegirte eigene Gerichtsstand der Universitätsangehörigen aufgehoben. Die bis dahin sich selbst regierende Universität wurde dem neu errichteten Unterrichtsministerium übergeben und erhielt einen Kurator in der Person des berühmten, im Jahr 1797 in württembergischen Staatsdienst übergetretenen Historikers Spittler. Den Professoren wurde im Jahr 1806 verboten, von fremden Universitäten akademische Würden anzunehmen; 4 Jahre später wurde ihnen sogar das althergebrachte Recht, Berufungen zu folgen, versagt. Am 17. Sept. 1810 erfolgte eine gänzliche Aufhebung der Universitätsprivilegien. Der Rektor sollte nicht mehr vom Senat gewählt, sondern vom König nach Vorschlag des Kultministers ernannt werden; das Universitätsvermögen wurde unter die Finanzverwaltung des Staates gestellt, doch mit besonderer Rechnungsführung. Zum Kurator, dem die ganze Universitätsleitung in die Hand gegeben war, wurde der Freiherr von Wangenheim bestellt, ein fein gebildeter, für Wissenschaft und Unterrichtswesen begeisterter Mann. Obgleich die neue Einrichtung entschieden manche Verbesserung brachte, erregte sie doch durch die Schmälerung lange bestehender Rechte auch viel Unzufriedenheit. So wohlthätig die Fürsorge des neuen Kurators war, so wurde der Erfolg

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_292.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)