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Poliklinik der bisherige Assessor des Medicinalkollegiums in Stuttgart, Reinh. Köhler, zum ordentlichen Professor ernannt wurde.

Die Gründung einer besonderen naturwissenschaftlichen Fakultät wurde nach vierjährigen Verhandlungen zwischen dem Ministerium, dem Senat, der medicinischen und philosophischen Fakultät im Herbst 1863 vollzogen. Die bisherige Einrichtung, wornach die naturwissenschaftlichen Fächer nur als Vorbereitungsstudien für die Medicin oder als Bestandtheile der allgemeinen Bildung galten, war nicht mehr im Einklang mit der selbständigen Entwicklung der Naturwissenschaften. Dazu kam, daß zwischen den Vertretern der philologisch-historischen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern in der philosophischen Fakultät nur ein lockeres Band bestand, was bei Vorschlägen zu Berufungen und Doktorsprüfungen den betreffenden Lehrern zeitraubende Sitzungen auflud und den Geschäftsgang erschwerte. Darum schien es dem wirklichen Verhältniß entsprechender, daß die Lehrer der stofflich zusammengehörigen Fächer auch äußerlich in ein Kollegium vereinigt würden, und so wurden aus der philosophischen Fakultät die Lehrer der Mathematik, Physik, Astronomie und Mineralogie ausgeschieden und mit den Professoren der Botanik, Zoologie, Chemie und Pharmacie, die bisher der medicinischen Fakultät angehört hatten, in eine Fakultät verbunden, und derselben auch alle Rechte der älteren Fakultäten, namentlich das, Doktoren zu ernennen, ertheilt. Tübingen hat mit dieser Einrichtung in Deutschland den Anfang gemacht, während dieselbe in Belgien, Schweden und Norwegen schon länger besteht. Im Zusammenhang damit wurden besondere naturwissenschaftliche Staatsprüfungen eingeführt, welche auch die Mediciner zu erstehen haben, ehe sie zum Studium ihrer Wissenschaft übergehen.

Über die Geschichte der aus der philosophischen Fakultät herübergenommenen Fächer haben wir hier Einiges nachzuholen. Mathematik, Physik und Astronomie waren bis 1851 durch einen und denselben ordentlichen Professor vertreten. Nach Bohnenbergers 1831 erfolgtem Tod war J. G. Chr. Nörrenberg aus Darmstadt berufen worden, der wegen der außerordentlichen Genauigkeit, mit welcher er seine physikalischen Untersuchungen und Experimente auszuführen pflegte, unter seinen Fachgenossen sehr geschätzt war, und solchen seiner Zuhörer, welche Physik oder Mathematik mit entschiedener Neigung und Begabung trieben, sich mit Hingebung widmete. Nach seiner Pensionirung im Jahr 1851 wurde die von ihm bekleidete Professur in zwei getheilt und für Physik Ed. Reusch, bisher Professor an der polytechnischen Schule in Stuttgart, für Mathematik

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_303.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)