Seite:OATuebingen 330.png

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Höhe, in Wimperge und Spitzsäulen ausgehend und über sich den auch ganz durchbrochenen Steinhelm tragend. Acht Freipfeiler, die von den Kanten des Pyramidenrumpfs aufsteigen, umkränzen ihn und schlagen kleine Strebebogen zum inneren Pfeilerkreis hinüber. Das Innere des achteckigen Geschosses hat ein sehr schönes Sterngewölbe, dessen acht ganz frei vortretende Rippen kaum geneigte Steinplatten, den Boden der oberen Galerie, tragen. Der Thurm steckt jetzt bis zum Ende des Pyramidenrumpfs, also zu 1/5 zwischen den hohen Dächern der Kirche. Ursprünglich gingen nur vier niedere Verbindungsgänge mit Satteldächern von den zurücktretenden großen Dächern herüber. Im Jahre 1850 wurde der Thurm von Architekt Lang tüchtig restaurirt.

Im Innern der Kirche, das jetzt ganz gewölbt ist, erhielten sich von der romanischen Anlage noch die schlichten quadratischen Pfeiler mit ihren ungegliederten Arkadenbögen, welche außer den vom Querschiff in die Seitenschiffe führenden, schon gedrückt spitzbogig sind, und ferner die niedrige rundbogige Doppelkapelle, die an der Ostwand des linken Querschiffes sich öffnet und die romanische Bauweise in ihrer ganzen strengen Schönheit gibt. Die kräftige Halbsäule, die vor dem Trennungspfeiler der Kapelle steht, hat ein schönes Palmblätterkapitell, und das hohe schräge Kämpferband darüber, das die kleinen Tonnengewölbe trägt, ist schachbrettartig ausgemeißelt. Die Kämpfer der ersten Arkadenpfeiler haben denselben sehr wirksamen Schmuck. Außen ist die Doppelkapelle mit einem Pultdache bedeckt, die geraden Sprossenfenster ihrer Ostwand sind zu groß und stammen aus späterer Zeit. Am südlichen Querschiff stand einst die gleiche Doppelkapelle, ihre Stirnbogen, sowie der Mittelpfeiler, sind in der Wand noch erhalten.

Unter Abt Konrad von Lustnau, der namhafte Bauten ausführen ließ, ward im Jahre 1335 das große Prachtfenster eingesetzt; damals muß auch das schöne, im innern Bogenfeld mit Maßwerk gefüllte Pförtchen durch die Giebelwand des nördlichen Querschiffes gebrochen worden sein. Zugleich mit der Erbauung des Glockenthurmes (1407–9) entstand ohne Zweifel die noch erhaltene Überwölbung des Chores und des Querschiffes mit schönen Sterngewölben, deren Schlußsteine mit prächtigen Blätterkränzen geschmückt sind, und damit die Ostecken des Chores nicht ausweichen, führte man später gegen sie zwei mächtige Strebepfeiler. Das Einspannen der Gewölbe verlieh zugleich auch den Mittelpfeilern, die den Thurm tragen, einen weiteren Halt. Wann jene starken,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_330.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)