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Theile des Chores 1842–44 nach dem Entwurfe des Bauinspektors Rupp in Reutlingen in einfachen gothischen Formen aufgeführt und gewährt sowohl durch ihre Größe, als durch ihre Bauart einen schönen und bedeutenden Anblick; ihre ganz aus Sandstein erbauten Umfassungswände werden durch hohe schöngefüllte Spitzbogenfenster belebt, – der Westgiebel ist mit Krabben besetzt. Der Thurm, südlich am Choranfang stehend, ist in seinen untern Geschossen noch sehr alt und nur mit Schießscharten versehen, gegen oben aber neu und mit vier großen gefüllten Schallfenstern und darüber mit schlanken Giebeln geschmückt, aus denen sich ein hohes achtseitiges Zeltdach erhebt und den einfach schönen Eindruck des weithin sichtbaren Thurmes vollendet. Das Langhaus zeigt drei kreuzgewölbte Schiffe, wovon das mittlere weiter und höher ist, unter Einem Dache; die Gewölbe und die sie stützenden Pfeiler sind von Holz, an den Wänden laufen zierlich durchbrochene Emporen; Gestühl, Orgel, Kanzel und Taufstein sind in schlichtem, schönem, gothischem Geschmacke gehalten; dazu wurde der Raum sehr angenehm mit einfachen Farben bemalt (die Gewölbefelder des netzgewölbten Chors blau mit goldenen Sternen), und macht einen würdigen erhebenden Eindruck. Der halbachteckig geschlossene, ohne Strebepfeiler aufgeführte Chor hat noch die alten spätgothisch gefüllten Fenster; in dem mittleren sind zwei neue Glasgemälde eingesetzt, worauf Ornamente mit dem Württembergischen Wappen, ferner die Zeit der Erbauung und die Namen der Behörden und der sonst beim Bau betheiligten Personen angebracht sind. Die Kosten des Kirchenbaues, welche die Gemeinde auf sich nahm, betrugen gegen 42.000 fl.; die Orgel mit 22 Registern kostete 2200 fl. Von den drei Glocken ist eine von erstaunlicher Größe, sie hat die Jahreszahl 1483, die Namen der vier Evangelisten und noch eine jetzt unleserliche Inschrift; die mittlere Glocke ist bedeutend älter, sie trägt die Namen der vier Evangelisten in lateinischen Majuskeln; die dritte Glocke ist uralt, von auffallend schlanker Form und hat weder Inschrift noch Zeichen. Die Baulast der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der 1759 südöstlich am Ort angelegte Begräbnißplatz wurde 1844 und 1865 erweitert.

Das schon alte Pfarrhaus ist von der Gemeinde zu unterhalten; nach einer Urkunde ward am 11. Juli 1606 das alte Pfarrhaus samt Scheuer und Hofraite um 261 fl. an die Gemeinde verkauft.

Das Rathhaus wurde vor etwa 100 Jahren erbaut, das Schulhaus im Jahre 1811, es enthält neben drei minderguten Schulzimmern zwei Lehrerwohnungen nebst einem Zimmer für den Lehrgehilfen.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_378.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)