Seite:OATuebingen 425.png

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Ammer-Thalebene unregelmäßig hingebaut. Das von Obstbaumwiesen rings umgebene Dorf gewährt mit seiner auf der höchsten Stelle stehenden schönen Kirche ein sehr ansprechendes Bild. Die meist kleinen, zuweilen mit hübschem Holzbau gezierten Häuser liegen zum Theil zerstreut, von Obstbaumgruppen und Blumengärtchen angenehm unterbrochen, an den gutgehaltenen, gekandelten, zur Hälfte unebenen Straßen; eine Straße ist sogar gepflastert. Sehr schöne Aussichten über die Thäler hinweg an die Albkette genießt man vom Österberge und von der Höhe bei Pfrondorf, dem Denzenberge, aus.

Die Kirche, auf dem Scheitel des in das Dorf hereinziehenden Bergrückens gelegen, ist umgeben von dem noch ummauerten alten ausgedehnten Friedhofe; gegen Süden steigt die Mauer, die theilweise noch mit dem Umgang versehen ist, sehr hoch an und macht einen burgartigen Eindruck. Die dem h. Kreuz, der h. Jungfrau, dem h. Martin, dem h. Fridolin, der h. Katharina und der h. Barbara geweihte Kirche zeigt im Ganzen spätgothische Formen, doch scheint ein Theil ihrer Umfassungsmauern älter zu sein; 1495 ward sie wieder erbaut und bildet ein breites, von gefüllten Spitzbogenfenstern erhelltes Schiff, an das sich ein niedrigerer und viel schmälerer rechteckiger Chor mit geraden Sprossenfenstern anschließt. In der Westwand des Schiffes sitzt in der Höhe ein kleines Fenster mit höchst alterthümlichem Maßwerk. Der unten tonnengewölbte Thurm steht südlich am Chore, ist bis zum dritten Geschoß, dem Glockenhause, sehr alt und nur mit Schießscharten versehen; das Glockenhaus wurde im Jahre 1862–63 nach den Entwürfen des Bauinspektors Zahn mit einem Aufwand von 7000 fl. in schönen gothischen Formen neu aufgesetzt und bildet ein hohes, achteckiges, von Spitzsäulen und großen Maßwerkfenstern belebtes Geschoß mit schlankem Zeltdache, so daß der Thurm weithin eine Zierde der Gegend geworden ist. Nördlich baut sich an den Chor eine sehr alte tonnengewölbte Kapelle an. Das Innere ist flachgedeckt, der Triumphbogen spitz, spätgothisch; die 1701 erbaute Orgel verdeckt den Chor; die Kirche ist überhaupt durch Emporen verbaut, an der Brüstung der westlichen Empore sind Bilder aus dem neuen Testamente angemalt. Der Taufstein ist mit spätgothischem Fischblasenwerk verziert, die hölzerne Kanzel im späten Renaissancestil gehalten und bemalt; auf dem Altare steht ein hölzernes Krucifix. Im zweiten Fenster der Nordwand des Schiffes befindet sich ein kleines zierliches Glasgemälde, das Brustbild des Herzogs Friedrich von Württemberg in der Tracht jener Zeit, daneben das württembergische Wappen und die Inschrift: Julius Friederich

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 425. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_425.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)