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beschlagene Thüre. Von den 3 Glocken ist die eine sehr groß und hat die Umschrift: o rex gloriae criste veni cum pace anno domini 1512; die zweitgrößte ward gegossen in Reutlingen von Kurtz 1853 und hat die Umschrift: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden; die dritte ward von demselben 1843 gegossen. – Die Baulast der Kirche ruht auf der Gemeinde.

Der Begräbnißplatz liegt jetzt westlich am Orte.

Das vom Staat zu unterhaltende Pfarrhaus wurde in den vierziger Jahren gründlich erneuert und befindet sich nun in gutem Zustande.

Schul- und Rathhaus sind in einem schönen, 1842/44 errichteten Gebäude vereinigt; es enthält neben den Gelassen für den Gemeinderath 3 helle geräumige Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters. An der Schule unterrichtet außerdem noch ein Unterlehrer.

Ein Gemeindebackhaus und ein Armenhaus sind vorhanden.

Trinkwasser, das zum Theil sehr gut ist, liefern 2 laufende und 39 Pumpbrunnen; zuweilen tritt Wassermangel ein, doch nicht so, daß von auswärts Wasser bezogen werden müßte. Die Markung selbst ist arm an Quellen; es fließen die Steinlach und der Opizbach hindurch.

Im oberen Theile des Dorfes lag einst eine stattliche Burg, man sieht noch den im Viereck geführten Graben, der mit Wasser gefüllt werden konnte; auch fand man schon Spuren von Gebäuden. Der Zugang führte an der Westseite über eine Brücke, von der schon öfters eichene Pfeiler ausgegraben wurden; die Gärten in der Nähe der Burg heißen noch jetzt Weihergärten.

Die Staatsstraße von Tübingen nach Hechingen, die sog. Schweizerstraße, zieht 10 Minuten westlich vom Orte vorüber; eine Vicinalstraße geht von hier nach Mössingen.

Über die Steinlach führt eine hölzerne, von der Gemeinde zu unterhaltende Brücke.

Die fleißigen, sparsamen, geordneten und kirchlich gesinnten Einwohner zeichnen sich aus durch kräftigen Körperbau und erreichen nicht selten ein hohes Alter; gegenwärtig sind 11 über 80 Jahre alte Personen im Ort; als besondere Merkwürdigkeit ist zu erwähnen: den 14. April 1864 feierte der damals im 73. Lebensjahre stehende, noch jetzt lebende und funktionirende Schulmeister Schneider sein 50jähriges Amtsjubiläum und neben ihm stand bei der Feier sein 95jähriger Vater.

Die ehemalige so kleidsame Steinlacher Tracht ist leider längst durch die städtische verdrängt worden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 439. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_439.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)