Seite:OAUrach 023.png

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einem rechten Winkel von dem Joche der Alp, in der Richtung von Südost nach Nordwest ab, und läuft in der Mitte zwischen dem Echatz- und dem Lauter- oder Lenninger-Thal, parallel mit diesen, abwärts aber von letzterem noch durch das Neufener Thal getrennt, hin. Seinen Namen hat es von dem durch das Thal gehenden Flüßchen Erms. Seine Länge beträgt, von Seeburg bis Neckar-Tenzlingen, als den beiden Endpunkten, in gerader Linie 6 Stunden, mit den nicht bedeutenden Krümmungen 61/2 Stunden. Aufwärts von Seeburg verzweigt und verliert sich das Thal in mehreren Ästen und Zweigen. Die Breite des Thals beträgt im Durchschnitte kaum 200 bis 300 Schritte, an manchen Orten aber nicht einmal so viel Fuß; von Urach bis Seeburg ist es häufig so eng, daß neben dem Flüßchen kaum noch die durch das Thal ziehende Münsinger Straße Platz hat. Es ist tief in das Alpgebirg eingeschnitten und läuft ungefähr 4 Stunden lang zwischen hohen und steilen Bergwänden, fort, bis es bey Neuhausen aus dem Gebirge hervortritt, und in der Fläche zwischen der Alp und dem Neckar sich fast ganz verliert. Sein Grund ist bis Dettingen herab mit Tuff und Tuffsand bedeckt. Das Thal gehört zu den schönsten und anziehendsten des Landes, und kann sich mit manchen gepriesenen Schweizerthälern messen. Von steilen felsigen Waldwänden begrenzt, von der klaren und muntern Erms, welche auf ihrem Laufe durch das Thal mehrere, sehr schöne Wasserfälle macht, bewässert, und mit üppig grünen Wiesen, und bis über Urach hinauf wie mit Wäldern von Obstbäumen bedeckt, bietet es die mannigfaltigsten und überraschendsten Erscheinungen dar. Die gegen Süden gekehrte Thalseite ist bis über Dettingen hinauf mit Reben bewachsen; außerdem aber sind die Thalwände durchaus bewaldet. Die daran ausgehenden Felsen rücken von beiden Seiten sich nicht selten so nahe, daß man das Thal für gänzlich geschlossen hält. Dieß ist insbesondere zwischen Urach und Seeburg und hier wieder vorzugsweise in der s. g. Enge oberhalb Georgenau der Fall, wo das Thal überhaupt eine völlige Schweizer-Natur annimmt. Da das Thal, wie wir nachher sehen werden, sehr stark ansteigt, so findet hinsichtlich des Klimas und der Fruchtbarkeit ein großer Unterschied darin statt. Urach macht in dieser Beziehung die Grenzscheide. Aufwärts von Urach nähert sich das Klima dem der Alp, abwärts, dem des Unterlands. Von Seeburg an verzweigt sich das Thal zwischen schroffen Felsen in drey verschiedenen

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Urach. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1831, Seite 023. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAUrach_023.png&oldid=- (Version vom 24.4.2018)