Seite:OAUrach 102.png

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Weberbleiche genannt, weil auf ihrer Stelle früher eine Bleiche sich befand, bildet nun mit der Stadt ein Ganzes. Die Stadt hat ein ziemlich gutes Aussehen. Die Straßen sind gepflästert, mehrere derselben sind aus der Erms bewässert, von dieser ist auch ein Canal auf die Mühlwerke in der Stadt geleitet. Übrigens ist die Stadt, wie der Plan auf unserer Karte zeigt, ganz unregelmäßig gebaut, sie hat auch keine ausgezeichnete Häuser, auffallender Weise ist seit einer langen Reihe von Jahren, die Post ausgenommen, die dermalen neu gebaut wird, nicht ein einziges neues Haus entstanden. In geschichtlicher Beziehung verdienen folgende Gebäude genannt zu werden:

1) Das K. Schloß. Es ist ein einfaches, größtentheils hölzernes Gebäude, an das sich aber eine Reihe der wichtigsten Erinnerungen aus der vaterländischen Geschichte knüpft. Das Schloß wurde vom Graf Ludwig I. von Würtemberg nach der Theilung des Landes, wodurch Urach die Residenz der Uracher Linie wurde, im Jahr 1443 erbaut. Ein älteres Schloß, das auf der Stelle stand, ließ Ludwig abbrechen. Nur das sogenannte Wasserschlößlein, das mitten in einem See gegen den Thiergarten stand, blieb stehen. Ludwigs Sohn, Graf Eberhard im Bart verschönerte das Schloß aus Gelegenheit seiner Vermählung im Jahr 1474. Der Herzog Karl verwandelte es in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in ein Jagdschloß, ließ das alte Wasserschlößlein abbrechen und den See, der es umgab, trocken legen. Bey dieser Veränderung schonte er jedoch die Hauptzimmer des Schlosses. Noch jetzt steht der von Eberhard im Bart gebaute große Rittersaal, von seinen vielen Goldverzierungen „die goldene Stube“ genannt, in seiner ehemaligen Gestalt in dem obern Stockwerke. An mehreren Orten erblickt man auch noch den Cederbaum Eberhards mit seinem Wahlspruch Attempto. In dem Saale steht eine hölzerne Abbildung des kolossalen wilden Schweins, das Herzog Ulrich 1607 bey Urach geschossen hat, und in der Mitte des Saals ein Tisch, worauf

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Urach. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1831, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAUrach_102.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)