Seite:OAUrach 107.png

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Das Hauptgewerbe ist die Leinenweberey, die Stadt zählt 96 Webermeister mit 50 Knappen. Urach ist ein Hauptsitz der Leinenweberey, und ist es von alten Zeiten her, besonders aber seitdem sich der Herzog Friedrich I. ihre Emporbringung so sehr angelegen seyn ließ. [1] Als Weberplatz

  1. Der Herzog Friedrich I. errichtete zuerst 1597 eine Damast-Weberey im alten Wasserschlößlein. Dann stiftete er die privilegirte Leinwandhandlungs-Compagnie zu Urach, indem er sich selbst 1598 mit zwey Kaufleuten daselbst, Müller und Schwan, zum Leinwandhandel verband; im Jahr 1599 wurde von ihm die große Bleiche errichtet und die von ihm erbaute Weber-Vorstadt wurde mit geschickten, in- und ausländischen Webern besetzt, obgleich die Stände gegen dergleichen Mißbräuche am 6. März 1599 ernstliche Vorstellungen gemacht hatten. Am 3. Jan. 1602 erschien das Weber-Zunft-Privilegium und am 28. Dezbr. d. J. das Verbot der Garn-Ausfuhr. Friedrichs Nachfolger, der Herzog Johann Friedrich behielt noch längere Zeit Antheil an dem Geschäfte, im Jahr 1622 aber gab er denselben auf, und es wurde nur noch die Bleiche als herrschaftliche Domäne beybehalten. Dagegen wurde nun auf jedes Stück gemeine Leinwand ein Zoll von 12 kr. und feine Leinwand von 24 kr. gelegt, und für die Weberey und Leinwand-Handlung ein herrschaftlicher Inspektor aufgestellt. Die Damast-Weberey wurde für das eigene Bedürfniß fortbetrieben, und erst im Jahr 1767 von dem Herzog Karl aufgehoben; die Leinwandhandlung behielt ihre Privilegien und dieselben wurden noch im Jahr 1736 von dem Herzog Karl Alexander erneuert. Sie bestanden hauptsächlich darin, daß
    1) alle Weber von Stadt und Amt Urach gehalten waren, der Gesellschaft ihre rohe, gewobene oder erkaufte Stückwaren zum Verkauf anzubieten;
    2) daß die Stücke den beeidigten Schaumeistern vorgelegt und von diesen, ohne die Eigenthümer zu kennen, in der Schau-Stube über die Tafel gezogen und genau untersucht, und wenn sie tauglich erfunden wurden, nach der gehörigen Länge abgeschnitten, mit dem Uracher Stadt-Wappen bezeichnet und dann der Gesellschaft zum Kauf überlassen werden mußten. Wurde diese über den Preis nicht einig, so wurde derselbe unter Vermittlung des herrschaftl. Inspektors und der Schaumeister festgesetzt. Die für nicht tauglich erkannten Stücke wurden als Ausschuß gestempelt und blieben den Webern zum freyen Verkauf überlassen, mußten aber von ihnen auf die Uracher Bleiche zum Bleichen gegeben werden.
    3) Flachs und Schneller aufzukaufen und mit Garn zu kaudern blieb verboten.
    Die Gesellschaft hielt zu Laichingen ein Comptoir zum Einkauf der rohen Leinwand, woraus später die jetzige Leinwand-Handlung daselbst entstand. Da immer mehr Leinwand fabricirt, als von der Handlungs-Compagnie gekauft wurde, so wurde insgeheim viele Leinwand an ausländische Handels-Häuser in der Schweiz versandt, bis endlich die Uracher Gesellschaft im Jahr 1795 ihre Privilegien selbst aufgab,
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Urach. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1831, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAUrach_107.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)