Seite:OAUrach 120.png

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Einige merkwürdige Auftritte hatten auch die Vertreibung des Herzogs Ulrich und, wie wir nachher sehen werden, die Reformation zur Folge. Die Uracher waren dem Herzog Ulrich nicht sehr ergeben, sie hielten es vielmehr, wie ihr Obervogt Dietrich Spät, mit der Herzogin Sabina, welche getrennt von dem Gemahl, einige Zeit lang in Urach lebte. Der Untervogt Stephan Weiler hing dagegen dem Herzog an und war auch einer von denjenigen, die der Herzogin nachsetzten, als sie, von Spät begleitet, entfloh. Als nun nach der Vertreibung Ulrichs im Jahr 1519 Dietrich Spät als Obervogt die Huldigung für den schwäbischen Bund in Urach einnehmen wollte, Stephan Weiler aber sich widersetzte, wurde dieser in einem Auflaufe am 9. April von den Bürgern erschlagen, worauf dann nicht nur von den Bürgern gehuldigt, sondern auch die Besatzung auf Hohen-Urach von ihnen genöthigt wurde, die Festung an den schwäbischen Bund zu übergeben, sobald der Vater Ulrichs, der Herzog Heinrich, am 16. April daselbst gestorben war. Als der Herzog Ulrich später am 6. Sept. 1519 mit gewaffneter Macht vor die Stadt rückte, widersetzten sich die Uracher so hartnäckig, daß er noch am Abend desselben Tags wieder abzog. Die Herzogin Sabina aber, die sich, wie erzählt

    Gelehrten veranlaßte ihn, zuerst die h. Schrift in Tübingen in slavischer Sprache übersetzen und drucken zu lassen. Auf sein an den Herzog Christoph von Constantinopel aus gestelltes Gesuch wurde dann 1562 in dem Mönchshofe zu Urach unter der Leitung des damaligen Stadtpfarrers und Dekans Primus Truber eine Druckerey errichtet. Sobald eine Anzahl von Schriften gedruckt war, wurde Wolf Schreiber von Fünfkirchen damit in die Moldau geschickt. Aber Schreiber hatte das Unglück, von dem Woywoden der Moldau, welcher kurz vorher von dem christlichen Glauben wieder abgefallen war, mit seinen Büchern ergriffen und gefangen nach Constantinopel geschickt zu werden, wo er längere Zeit im Gefängnisse schmachtete, bis ihn der Großherr auf Bitten des Gesandten endlich wieder losgab. Der Gesandte fiel aber bald darauf selbst bey seinem Herrn, dem K. Ferdinand, wegen seines evangelischen Eifers, in Ungnade. Er nahm als Vertriebener seine Zuflucht zu dem Herzog Christoph, der ihm eine Wohnung in Urach anwies, wo er dann die Druckanstalt selbst betrieb, bis er 1565 daselbst starb. Sattler Gr. IV. S. 182 u. ff. Lebrets Magaz. 9ter Theil. S. 156 u. ff. Schnurrer. Slavischer Bücherdruck in Würtemberg. Pfisters Christoph S. 386.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Urach. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1831, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAUrach_120.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)