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Spitzen hat neuerlich fast ganz aufgehört, s. S. 84; dagegen sind die Ehninger Krämer für manche Gewerbe des Landes, namentlich für die Bortenmacher und Zeugmacher in Pfullingen, Reutlingen, Metzingen und Ehingen, für die Zeuglens- und Tüchlens-Weber in Heubach u. a. O. und für die Leinen-Weberey von Wichtigkeit. Von 5 Leinwandhändler-Gesellschaften wird jährlich für 2 – 300.000 fl. Leinwand in die Schweiz abgesetzt.

Dieser merkwürdige Handel entstand zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch den Handel mit den oben erwähnten Spitzen, welche für Rechnung von Reutlinger Häusern verkauft wurden, und die daher auch den Namen Ehninger Spitzen führten. Bald kamen auch andere Gegenstände dazu. Lange Zeit waren aber die Ehninger nur die Hausirer und Verschleußer der Reutlinger Kaufleute; ums Jahr 1770 fingen sie an, auf eigene Rechnung Handel zu treiben. Die Kriegszeiten von 1770 bis 1815 waren ihrem Gewerbe besonders günstig. Die Geschäfte wie die Zahl der Handelsleute vermehrten sich mit reißenden Schritten. Die veränderten und beschränkenden Verhältnisse aber, die seit jener Zeit eingetreten sind, brachten dem Ehninger Handel einen empfindlichen Stoß bey. Sie wurden zugleich Veranlassung, daß mehrere Häuser nicht nur Niederlagen im Auslande bildeten, sondern sich dort auch, mit Vorbehalt des Würt. Orts- und Staats-Bürgerrechts, Besitzthum und Unterthanen-Recht erwarben, daselbst nun offene Läden führen und zum Theil sogar Handel im Großen treiben, und nur von Zeit zu Zeit in die Heimath zurückkehren. Der größere Theil, der die Kräfte zu solchen Auswegen nicht hatte, ist nun freylich um so übler daran, je mehr sich die Zahl der Handeltreibenden vergrößert hat. Im Ganzen herrscht neben Wohlhabenheit und Reichthum eines kleinen Theils der Bürgerschaft bittere Armuth in Ehningen, und mehr als die Hälfte der Einwohner gehört zu den völlig unbemittelten. Von Vielen wird auch der Handel nur aus Arbeitsscheue und aus Neigung zu einem unstäten Leben getrieben. Die Regierung hat sich

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Urach. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1831, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAUrach_166.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)