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ihn auch hier vor seinen Verfolgern, den Kaiserlichen, nicht mehr sicher glaubte, veranstaltete er seine Flucht nach Basel und von da nach Hornberg, wo Brenz unter dem Namen Hulderich Engster als Burgvogt zwey Jahre zubrachte, bis er endlich von Herzog Christoph zum Propst der Stiftskirche zu Stuttgart gemacht wurde. Während seines Aufenthaltes zu Wittlingen schrieb Brenz seine Erklärung des 93. und 130. Psalmen, die zu Basel, Joanne Wittlingio auctore, herauskam. Auch arbeitete Brenz zu Wittlingen an seinem unsterblichen Catechismus, den er in seinem zweyten Asyl zu Hornberg vollendete.

Wittlingen war ehemals Besitzthum der Grafen von Achalm; von diesen kam es durch Erbschaft, wenigstens zur Hälfte, an die Grafen von Lechsgmünd, die Söhne der Gräfin Mechtild von Achalm, s. Achalm. Einer derselben, Graf Burkhard von Lechsgmünd, der später Bischof von Utrecht wurde, schrieb sich auch davon Burkhard von Wittlingen, und erscheint mit dieser Unterschrift in dem Bempflinger Vergleich von 1090 und in einer Schenkungs-Urkunde des Grafen Conrad von Würtemberg vom Jahr 1110. Sattl. Gr. IV. Beylage 73, S. 312. Ungefähr dritthalb Jahrhunderte später findet man den Bischof von Constanz im Besitze von Wittlingen, im Jahr 1251 verkauft, nach der noch vorhandenen Original-Urkunde, der Bischof Eberhard mit seinem Capitel an den Grafen Ulrich mit dem Daumen von Würtemberg für 1100 Mark S. die Burg und die Besitzungen „Witelingen“ nebst dem Berg (cum monte) und dessen Zugehör, „gemeiniglich Leibgeding genannt“, unter der Bedingung, daß Burg und Zugehör Constanzische Lehen bleiben sollen.[1] Aus der bedeutenden Kaufssumme muß man schließen, daß zu der Burg wohl mehr, als das Dorf Wittlingen gehört habe. Der Herr Pfarrer Gratianus ist der Meinung, daß auch die vier Hardtflecken Gruorn, Trailfingen, Auingen und Böttingen, und selbst die Stadt Münsingen Zugehör der Burg gewesen seyen. Dieser Meinung stehen jedoch gegründete Zweifel entgegen. Nicht unwahrscheinlich ist es übrigens, daß Wittlingen in ältern Zeiten eine eigene unabhängige Herrschaft gebildet habe. Auffallend aber ist dabey freylich, daß

  1. Die Urkunde wird vollständig in einem der nächsten Hefte der Würt. Jahrbücher mitgetheilt werden.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Urach. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1831, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAUrach_217.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)