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Thälchen gelegenen Orts, ist eine äußerst ansprechende, namentlich wird die nächste Umgebung des Dorfs durch mehrere schlank über die Obstbäume sich erhebende Pappeln, wie durch eine aus acht schönwüchsigen Linden bestehende Gruppe, welche sich als eine besondere Zierde des Thales westlich vom Ort befindet, sehr anziehend gehoben. Die an dem Abhange im östlichen Theile des Dorfs gelegene, dem Evangelisten Johannes geweihte Pfarrkirche trägt an dem Langhause noch mehrere Spuren germanischer Bauweise, wie spitzbogige, theilweise noch gefüllte Fenster, einen spitzbogigen Eingang etc. Der monströse viereckige Thurm, welcher nur mit seinem obersten Stockwerke über den First der Kirche hinausragt, trägt ein hohes, schiefergedecktes Zeltdach. Von den drei vorhandenen Glocken ist die größte 1752, die mittlere 1770 gegossen worden; die kleinste hat die Umschrift: Mich gos Paulus Strobel von Speier in Aurach 1757. Das Innere des Langhauses ist ganz schmucklos, übrigens hell und gerade nicht unfreundlich; ein spitzer Triumphbogen führt von dem Schiff in das unterste Stockwerk des Thurms, welches die Stelle des Chors vertritt und ein einfaches Kreuzgewölbe hat, dessen Schlußstein das Agnus dei darstellt.

Die einfachen Gewölbegurten gehen von Fratzengesichtern aus, welche das hohe Alter des Thurms bekunden. Die Unterhaltungskosten der Kirche bestreitet zu 2/3 die Gemeinde und zu 1/3 die Stiftungspflege; jedoch muß bei dem Deficit der letzteren häufig die Gemeindekasse die Baukosten ganz übernehmen.

Der ummauerte Begräbnißplatz liegt außerhalb (östlich) vom Ort.

Das 1713 erbaute, wohl unterhaltene Pfarrhaus, stößt mit einer Ecke an die Kirche; die Unterhaltung desselben hat der Staat zu besorgen.

Das Schulhaus, welches an dem nördlichen Ende des Orts auf der linken Seite des Kreuzbaches steht, wurde im Jahr 1846/47 mit einem Gemeindeaufwand von 6800 fl. neu erbaut und enthält außer den geräumigen Schulgelassen noch die Wohnung des Schulmeisters. Eine Industrieschule, die ihre Entstehung und Erhaltung der Centralstelle des Wohlthätigkeitsvereins verdankt, besteht schon längst.

Das Rathhaus, ein sehr altes, übrigens noch dauerhaftes Gebäude, steht in der Mitte des Orts.

Eine Ortskelter mit zwei Bäumen und einer Mosttrotte, ein öffentliches Waschhaus und ein Schafhaus sind vorhanden; auch ließ im Jahr 1839 die Gemeinde ein Backhaus mit einem Aufwand von 500 fl. erbauen.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Vaihingen. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAVaihingen0108.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)