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mittelalterlicher Tracht stehen, mit der Unterschrift: 1561. Johannes Ockers genannt Fieß, Katarina Stererin sein Egemahl[1].

Von öffentlichen Gebäuden sind überdieß noch vorhanden: eine Kelter mit einem Baum, ein Schafhaus, ein Armenhaus, zwei Gemeindebackhäuser, das eine 1834, das andere 1846 erbaut, und zwei Waschhäuser.

Ein reichlich laufender Brunnen und sechs Pumpbrunnen versehen den Ort das ganze Jahr hindurch mit sehr gutem Trinkwasser; überdieß fließt der bei Flacht entspringende Strudelbach durch den unteren Theil des Orts, wo er an zwei Stellen zu Wetten geschwellt wird. Auf der Markung befinden sich mehrere reichliche Quellen, von denen der Heiligenbrunnen bei den Pfarrwiesen, der Steigbrunnen bei der Sägmühle, und der Bonlander Brunnen die bedeutendsten sind. Von periodisch fließenden Quellen (Hungerbrunnen) befinden sich zwei im Ort, einer an der Nußdorfer Straße, der andere im Keller des Gasthauses zum Löwen.

Die Einwohner sind im Allgemeinen gesund, kräftig, und werden selten von Krankheiten heimgesucht; mit einem großen Fleiß verbinden sie ein eingezogenes Leben, Sparsamkeit und vielen religiösen Sinn (1/10 der Einwohner bekennt sich zum strengen Pietismus). In Folge der etwas abgeschiedenen Lage des Orts hat sich die einfache Sitte und Tracht der Väter hier noch mehr als in anderen Orten des Bezirks erhalten; ein besonderer Gebrauch ist, daß einige Tage vor der Hochzeit die Braut mit ihren Gespielinnen (Brautjungfern) in sämmtliche Häuser des Orts gehen, und die Inwohner zu ihrem Kirchgang einladen. Am Hochzeittage versammeln sich dann die meisten Einwohner vor dem Hause der Braut, wo den Anwesenden die sog. Hochzeitbrocken durch die Anverwandten der Braut, und zwar durch den Brautführer Wein, und und den Brautjungfern Brod gereicht werden. Die Vermögensumstände der Einwohner sind ziemlich befriedigend, indem im Allgemeinen der Mittelstand vorherrscht, und die Zahl der eigentlich Armen klein ist. Der größte Güterbesitz beträgt 50 Morgen, der gewöhnliche 15–18 Morgen; die Güterparcellen haben meist einen Flächenraum von 1/23/4 Morgen. Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht; unter den Gewerben, welche meist nur dem örtlichen Bedarf arbeiten, sind die Leineweber (40) vorherrschend.


  1. Ein Johannes Ocker war der erste evangelische Pfarrer zu Weissach, von 15..–1563 (s. Wirtembergs Kirchen- und Lehrämter II. Theil, S. 961); es ist daher sehr wahrscheinlich, daß oben angeführtes Glasgemälde diesen Geistlichen nebst seiner Gemahlin darstellt; wie denn auch die Costüme Personen von höherem Stande anzugehören scheinen.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Vaihingen. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAVaihingen0249.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)