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Kirche und ist von der Gemeinde zu bauen und zu erhalten. Altes Rathhaus; 3 Keltern. Der Gottesacker befindet sich außerhalb des Ortes. Die Einwohner sind stark und groß, geistig angeregt, zur Musik geneigt, religiös, fleißig und arbeitsam. Leute über 80 Jahren sind nicht selten. Strümpfelbach hat die meisten alten Leute (S. 35).

Die Markung begreift 1002/8 Morgen Gärten, 3962/8 Morgen Wiesen und 3006/8 Morgen Weinberg; es kommen daher nur etwa 3 Morgen Feldgüter auf eine Familie. Die Wiesen sind bis auf 12/8 Morgen zweimähdig, ergiebig und theilweise zu wässern. Äcker finden sich auf der Markung nicht. Die dem Ackerbau gewidmeten Güter liegen auf fremder Markung. Derselbe wird übrigens willkürlich, nach keinem System getrieben. Viele Brodfrucht muß auswärts gekauft werden. Boden und Clima im Verein mit großer Thätigkeit und Ausdauer bewirkten aber, daß die landwirthschaftliche Cultur auf eine rühmlich hohe Stufe gelangte und bei haushälterischem Sinne die Mehrzahl der Einwohner wohlhabend ist. Obwohl die Lage der Güter zum Theil ungünstig ist, so wird doch auch der kleinste Theil des Bodens möglichst nutzbringend gemacht und mindestens zum Obstbau benützt. Die Bewohner wissen den Nutzen der Düngung genau zu berechnen und kaufen daher zu ihrem bedeutenden eigenen Erzeugnisse mehr als 100 Wagen mit Dünger in der Umgegend und selbst in Stuttgart. Noch vor 40 Jahren sollen nur wenige Gespanne Kühe vorhanden gewesen seyn, wogegen deren jetzt mehr als 100 gezählt werden. Unser Ort zeigt, wie viel selbst bei großer Bevölkerung (1792 1045 Einwohner) und Güterzersplitterung geleistet werden kann. Die Industrie hat sich, nächst dem Weinbau, hauptsächlich auf die Obstzucht nach allen ihren Zweigen gelegt. Der Wein gehört zu den besseren des Remsthales; er ist sogleich trinkbar, taugt aber auch auf das Lager, und findet überallhin Absatz. Die ganze Südseite, außer gegen den Wald hin, ist fast gleich gut. Man rechnet 3–6 Eimer Ertrag. Der Morgen Wiese oder Weinberg wird durchschnittlich um 800 fl. verkauft.

Die Obstzucht aber ist wohl die bedeutendste der Umgegend, und noch im Zunehmen. Das Obst geräth hier besonders gerne, namentlich Kirschen, welche fast nie fehlen; aber auch die Pfirsche und Aprikose gedeiht. Von Kernobst finden sich alle Gattungen bis auf die feinsten Tafelsorten. Zwetschgen und Pflaumen sind seltener. Birnen und Äpfel werden gedörrt oder gebrannt, größtentheils aber gemostet; wie denn in guten Jahren hunderte von Eimern Obstmost verkauft werden. Außerdem werden sehr viele Äpfel mit ganz eigenem Geschicke in dem Keller aufbewahrt

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Waiblingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWaiblingen0200.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)