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welcher auch die Kasse führt. Die Kinder werden gewöhnlich im Alter vom 6–10. Jahr aufgenommen und gegen ein Kostgeld bis zur Confirmation behalten, das bei vollsinnigen 40 fl., bei taubstummen 72 fl. beträgt, in den meisten Fällen aber nach den Umständen ermäßigt oder ganz erlassen wird. Die Unterbringung der Kinder nach Umfluß der Schulzeit ist zunächst Sache der betreffenden Behörden, wird indeß doch meistens durch die Anstalt besorgt, so zwar, daß sowohl die taubstummen als die vollsinnigen Knaben Handwerkern in die Lehre gegeben, die Mädchen aber als Kindsmägde verdingt werden. Die Anstalt besitzt keinen eigentlichen Fond. Das Capitalvermögen ist nur etwa 300 fl. und das sonstige Vermögen besteht bloß aus den Gebäuden und 12–13 Morgen Güterstücken. Dagegen betrugen die Schulden auf 1. Juli 1847 nahezu 5000 fl. Die Ausgaben der Anstalt belaufen sich jährlich auf mehr als 7000 fl., welche nicht ganz zur Hälfte durch die Kostgelder der Zöglinge, im Übrigen aber durch freiwillige Beiträge gedeckt werden, worunter die von Ihren Majestäten dem Könige und der Königin und von der Königl. Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins verwilligten die bedeutendsten sind. – Zu erwähnen ist noch, daß bis 1833 auch blinde Zöglinge in die Anstalt aufgenommen wurden und von 1829 bis 1837 auch ein Privatschullehrer-Seminar mit derselben verbunden war. 1

b) Das vormalige Schloß Winnenthal, mit der Irren-Heilanstalt (30 ortsangehörige Einwohner), liegt auf der südlichen Seite der Stadt, etwa 1/8 Stunde von derselben entfernt, zunächst dem Zipfelbachthälchen. Dasselbe besteht aus einem massiven, 345 Schuh langen Mittelgebäude von drei Stockwerken und zwei theilweise aus Fachwerk aufgebauten Flügelgebäuden (dem Cavaliers- und Commenthur-Bau), deren jeder 1271/2 Schuh lang und dreistockig ist. An beide Flügel sind massive Tobzellengebäude von einem Stockwerk angebaut. Außerdem ist noch das sogenannte Jägerhaus, nun für ökonomische Zwecke bestimmt, zu erwähnen. Das Marstallgebäude ist abgebrochen. Bei der Anstalt befinden sich 18–19 Morgen Gartenanlagen, worin sich ein 38 Ruthen großer See, welcher eine eigene Quelle hat, befindet. Zwei Pumpbrunnen in demselben liefern ein reichliches Wasser von mineralischen Bestandtheilen. Der Obstertrag aus dem Garten verspricht für die Zukunft mehr als er bisher gewesen, da am 31. Mai 1838 ein Sturm 334 der schönsten Bäume, die später wieder aus der Schule zu Hohenheim ersetzt wurden, umgerissen hatte. Im äußeren Hofe ist ein Monument vom Jahr 1733 in der Wand angebracht, welches Herzog Karl Alexander, als er hier sich aufhielt, einem Mopshund setzen ließ, der ihn in den Kriegen gegen die

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Waiblingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWaiblingen0213.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)