Seite:OAWeinsberg 138.png

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Auf dem Boden des Chores finden sich, ausser einigen ausgetretenen nicht mehr lesbaren, noch die Grabsteine vor: Herkules Felix Bidenbach von Treufels, Obervogt in den 3 Städten und Ämtern Neuenstadt, Weinsberg und Möckmühl, württemb. Oberst, † 1747; von Joseph Malblank, Superintendent, 1727; von Conrad Österlin, Pf. zu Obereisisheim, Superint. allh. † 1668; von M. Jos. David Hermann, Superintendent, † 1714. Neben dem Hochaltar: Fried. v. Gemmingen zu Bürg. Kind, mit der Mutter: Anna Ros. v. Gemmingen zu Bürg, † 1622. Im Jahre 1691 wurde ein chursächsischer Reiter-Oberst, v. Haugwitz, welcher in Heilbronn starb, hieher gebracht und in diesem Chor beigesetzt. Die früher weißgetünchten Wände wurden im Jahr 1856 leicht rosa gemalt und das Deckengewölb erhielt einen himmelblauen Grund. An der nördlichen Chorwand hängt jetzt in vollem Lichte, – während es vorher in einer Thurmecke weniger bemerkbar war – das große Ölgemälde von der Weibertreue, welches Keller Elsässer von Möckmühl im Jahr 1650 von einem alten, in seinem Besitz befindlichen Gemälde copiren ließ und nach einem noch im Original vorhandenen Briefe der Stadt Weinsberg verehrte. Die Burg erscheint hier, wie sie vor der Zerstörung von 1525 war. (Eine zweite kleinere Copie dieses Gemäldes hängt im Rathhaussaale.) Zunächst ist hier zu bemerken ein minder gut erhaltenes allegorisches Gemälde von dem 1690 gestorbenen und in diesem Chore beigesetzten Stadtpfarrer Neuffer; und an der südlichen Chorwand ein großes, verblichenes Gemälde vom jüngsten Gericht.

In der südöstlichen Seite der oben beschriebenen Thurmhalle führt auf den Kirchthurm die verhängnisvolle enge Schneckenstiege, durch welche die Bauern im Bauernkriege von 1525 den sich auf den Thurm flüchtenden Rittern nachdrangen.

Zu ihren beiden Seiten, auf der nördlichen und südlichen, sind Gewölbe angebaut, welche als feuerfestes städtisches Archiv dienen; das südliche, durch eine jetzt vermauerte runde Fensteröffnung in der Zwischenmauer mit der hier angebauten spitzbogig gewölbten, heizbaren, mit einem Eingang von Aussen versehenen Sacristei zusammenhängend. Unter Letzterem ist ein Souterrain, wahrscheinlich die im Bauernkriege genannte Gruft, vom Volke das Pfaffenloch genannt.

Die Sage will von einem unterirdischen Gange wissen, der einst von hier aus auf die Burg geführt habe, was wir aber bei dem notorisch stets unfreundlichen Verhältnisse zwischen den Burgherrn und der Reichsstadt sehr in Zweifel ziehen müssen. Die Burgherren hatten ihre eigene Schloßkapelle mit einem, auch mehreren Priestern

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F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_138.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)