Seite:OAWeinsberg 139.png

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und auch ihre Begräbnißstätte war auswärts, in Wimpfen, Schönthal, Lichtenstern, Heilbronn u. a. O.

Der schöne achteckige Thurm hat Lisenen an den Ecken und romanische Rundbogenfriese. Auf der Südseite finden sich an den glattbehauenen Sandsteinquadern Steinmetzzeichen. Ohne Zweifel war er früher um einen Stock höher und erhob sich um solchen über das Kirchendach. Bei der Zerstörung von 1525, als Mordschauplatz, wahrscheinlich mit der Kirche, aus welcher vorher das Venerabile weggetragen wurde, ausgebrannt, erhielt er später oben eine andere Gestalt. Denn er hat keinen Kranz mehr, auf welchen damals Dietrich v. Weiler heraustrat und von welchem er nach dem von unten erhaltenen Schuß herabgestürzt wurde. Man wollte wohl bei der nach Wiederaufbau der Stadt geschehenen Restauration das Andenken hieran vertilgen. Das neuaufgesetzte spitzige Schieferdach hat seit dem Blitzschlag vom Jahr 1760 eine bemerkbare Senkung gegen die Stadt herab. Von den 3 Glocken ist die größte und kleinste von 1652, die mittlere von 1669, da die alten im 30jähr. Krieg geraubt worden waren.

Die Kirche selbst ist eine Säulenbasilika. Die Fenster sind noch nicht gedoppelt, sondern sehr einfach, enge, nach innen sich erweiternd, theils zirkelrund, theils länglich viereckig und schmal, mit einem Halbzirkelbogen. Einige große viereckige Fenster gehören der neuen lichtsuchenden Zeit an. Die Dachfriese haben rundbogige Verzierungen, unter welchen sich hie und da Lilien, Larven und phantastische Thiergestalten finden, sehr roh ausgehauen. Die westliche Giebelseite ist schon zweimal restaurirt, beziehungsweise bis nahe an die westliche Stadtmauer verlängert worden, im vorigen Jahrhundert und schon früher. Unter einem einzigen, großen, langen und breiten Rundbogenfenster in der Mitte, durch welches der Blick von der Kanzel gerade auf die Burg hinauf fällt, hat sie ein Hauptportal (s. oben westl. Giebelseite) mit je 2 zu beiden Seiten auf niedrigen Sockel gestellten, ca. 10–12′ hohen Säulen. Um die 4 Säulenschafte schlingen sich mit gekreuzten Bändern Epheu- und Rebenblätter, an den Kapitälen sieht man eine große Larve mit Schnörkeln und Verzierungen, Raubvogelfüße, Bocksfüße und einen kleinen Bären. Der Halbkreis über dem Thürensturz ist in zwei Quadranten getheilt. In jedem Feld ist ein lateinisches Kreuz, neben dem nördlichen eine Lilie und ein Spaten, neben dem südlichen links und rechts je eine Lilie. Auf dem Thürensturz und um den Portalbogen steht in Initialbuchstaben: O QUI TERRENIS INHIAS HOMO DESIPUISTI. HIS QUID IN OBSCENIS GAUDES. COLE NUMINA CRISTI. † CONRADV. Bei der früheren Restauration der Giebelseite wurden Steine mit

Empfohlene Zitierweise:
F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_139.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)