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befragten, wie auch auswärts gefangene Weinsberger zu Neuenstadt, Marbach und Schorndorf „mit harter Tortur“ erfragt wurden. Aber es wurde nicht mehr erhoben, als daß nur fünf Bürger von Weinsberg etliche Tage zuvor den Bauern zugelaufen, drei derselben mit vor die Stadt genommen und beim Stürmen Hand angelegt, auch mit den Bauern wieder abgezogen und flüchtig geworden seyen; daß aber an der Ermordung der Ritter und Reisigen kein Weinsberger Theil genommen habe.

Erst bei einbrechendem Winter – den 17. Nov. – und unter den schwersten Bedingungen wurde ihnen gestattet, auf der verwüsteten Stätte sich wenigstens wieder ein Dorf Weinsberg erbauen zu dürfen, aber ohne alle Freiheiten und Stadtrechte, ohne Stadtmauern und Thürme, ohne Wehr und Harnisch, ohne Befähigung zu öffentlichen Ämtern etc. Auf dem Mordplatz mußte eine Kapelle erbaut und jährlich am Osterfest ein Amt mit zehn Messen gehalten werden[1].

Neun Jahre darauf rückte Herzog Ulrich mit starkem Heere vom Odenwald her siegreich wieder in sein Land. Am 10. Mai forderte er das Amt Weinsberg auf, sich seinem rechtmäßigen Regenten zu ergeben und gab dem ihm am 12. Mai d. J. durch eine Deputation huldigenden Weinsberg sein fürstliches Wort: ihm seine alten Stadtrechte wieder zurückzugeben.

Man baute nun Mauern, Thore und Thürme wieder auf, konnte aber die versprochene schriftliche Begnadigungs-Urkunde, wegen deren Ermanglung die herzoglichen Räthe der Stadt ihre Rechte wieder streitig machten, erst von dem edlen Sohne Ulrichs, dem Herzog Christoph am 18. Mai 1553 erlangen. Christoph ließ selbst ein kleines Schlößlein in der Stadt bauen, das aber bei seinem Tode noch unvollendet war und später dem Keller zur Amtswohnung diente (abgebrannt beim Brand von 1707).

Vom 30jährigen Kriege sah Weinsberg gleich einen der ersten entscheidenden Aufzüge des großen Trauerspiels in seiner Nähe, indem Tilly am 26. April 1622 die Schlacht bei Wimpfen (Obereisisheim) schlug, von wo auch Flüchtlinge hieher kamen; und das Gefolg des Kriegs, Theurung, Hunger, Pest brach mit solcher Macht ein, daß 1625 334 Personen starben. In diesem Kriege sollen sich schwedische Soldaten im oberen Bezirke angesiedelt haben und die Bewohner des sog. Burgfriedens deren Abkömmlinge seyn.

Nach der unglücklichen Schlacht bei Nördlingen fiel im Septbr.


  1. Just. Kerner, die Bestürmung der würt. Stadt Weinsberg durch den hellen christlichen Haufen im J. 1525. Neue Aufl. Heilbr. 1848. 8.
Empfohlene Zitierweise:
F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_164.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)