Seite:OAWeinsberg 314.png

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Rathszimmer mit Registratur und Gefängniß und einem freundlichen Zimmer für eine Industrie- und Kleinkinderschule, welche in diesem wegen seiner Armuth längst unter besondere Staatsfürsorge genommenen Orte, schon seit 1838 auf Kosten der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins errichtet sind; die Kleinkinderschule ist jetzt in Gefahr einzugehen.

Rückwärts wurde erst 1859 eine Scheuer zu Ökonomiehaltung erbaut und dem Lehrer wurden 41/2 Morgen Güter als Besoldungstheile überlassen; im zweiten Stock ist zunächst dem Lehrzimmer die Wohnung des Lehrers. Über dem Dach ist ein Thürmchen mit einer Uhr und einer Glocke. Der Pfarrverweser wohnt in einem kleinen gemietheten Lokale.

Ein eigener Gottesacker auf der Anhöhe vor dem nordwestlichen Anfange des Dorfes ist in den Jahren 1850 angelegt worden. Derselbe ist mit einem Bretterzaun umfriedigt.

Ein gutes Schildwirthshaus steht unweit dem südöstlichen Ausgange des Dorfes; außer diesem sind noch zwei Schildwirthschaften im Orte.

Gutes Trinkwasser liefern drei laufende öffentliche Brunnen.

Die Einwohner sind im Allgemeinen gesunde, aufgeweckte, durch ihr Handlerleben routinirte Leute. Zu diesem Händlerleben nöthigt sie der Mangel an Grundbesitz (s. unten) und Manche sind Wochen- und Monate lang auf der Handelschaft von Hause abwesend, was für ihre eigene Sittlichkeit, wie für das Familienleben und die Kinderzucht von höchst nachtheiligem Einfluß ist und die Staatsfürsorge um so dringender forderte. Die bei Weitem größere Zahl ist durchaus unbemittelt und der größte Güterbesitz in einer Hand beträgt 20–25 Morgen, während zwei Drittel kaum 1/2–3 Morgen und ein Drittel gar keinen Grundbesitz haben. Zu Taglohnarbeiten ist deßhalb auch fast gar keine Gelegenheit gegeben, außer auf den Gütern des Hammerwerks des benachbarten Eisenlautern, und bei der auf höhere Anregung im Jahr 1844 errichteten mechanischen Webefabrik, welche zwischen Neu- und Eisenlautern an der Lauter steht und gegen 40 Arbeiter beschäftigt. Eigenthümer davon sind Gebr. Pilger von Heilbronn. Hier sind 104 mechanische Webestühle aufgestellt und auch auswärtige Weber erhalten von hier aus Arbeit. Die Handelschaft, welche Andere treiben, beschäftigt sich mit Glas, Hafnergeschirr, Holzwaaren, Waldbeeren, Lumpen, alt Eisen, Knochen u. s. w.

Die 1302 Morg. große Gemeindemarkung enthält nur 22 Morg. Gärten und Länder, nur 52 Morg. Äcker, 157 Morg. einmähdige

Empfohlene Zitierweise:
F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_314.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)