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der Gemeinde. Eine zweite kleinere Kelter mit zwei Bäumen und einer sogenannten Trotte steht gegenüber, ebenfalls an der Affaltracher Vicinalstraße. Die Gemeinde hat sie erst im Jahre 1823 von der Herrschaft käuflich übernommen.

Eine Kleemeisterei kommt in die nördliche Waldung an der sog. Fuchsenklinge zu stehen.

Ein Gemeindebackhaus mit Waschhaus unter Einem Dach, im Jahre 1845 gebaut, steht an der Poststraße gegen den südlichen Ausgang des Dorfes.

Das einstockigte Armenhaus liegt in der obengedachten, am Affaltracher Vicinalsträßchen sich hinaufwindenden Häusergruppe jenseits der Sulm.

Die Gegend ist quellenreich und drei laufende öffentliche Brunnen nebst einem gefaßten Eichbrunnen, so wie drei offentliche und fünf Privatpumpbrunnen liefern mehr als zureichendes Trinkwasser, das jedoch nach der geognostischen Beschaffenheit der Gegend Gypsniederschlag macht und mit Selenit geschwängert ist, woher die Ärzte zum Theil den hier ungewöhnlich häufig vorkommenden höheren Grad von Cretinismus leiten. Dr. Rösch fand hier im J. 1844 unter 1080 Einwohnern 16 Cretins = 1,47 Proz. Daneben waren 2 Blinde.

Im Übrigen unterscheiden sich die mehr mit dem vorherrschenden Ackerbau sich beschäftigenden Einwohner auch im Physischen auffallend von den fast buchstäblich verbutteten Weingärtnern. In moralischer Hinsicht zählt die Gemeinde zu den geordneteren, sich durch Berufsfleiß, Ordnungsliebe, Kirchlichkeit und Wohlthätigkeitssinn Auszeichnenden. Ihre Vermögensverhältnisse gehören ebenfalls zu den günstigeren. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt circa 60 Morgen, der mittlere und häufigste 10–12 Morgen, der geringste 1–2 Morgen.

Ganz Besitzlose, die sich nur mit Taglohnarbeiten fortbringen, gibt es sehr Wenige. Bettelarm, der öffentlichen Unterstützung anheimgefallen sind ungefähr 10–12 alte Personen.

Die climatischen Verhältnisse sind günstig. Frühlingsfröste und Hagelschlag kommen selten vor.

Der Boden besteht größtentheils aus einem tiefgründigen, fruchtbaren Diluviallehm – in den Weinbergen aus Keupermergel.

Die sehr ausgedehnte 3162 Morgen große Markung enthält: 39 Morgen Gärten und Länder, 1365 Morgen flürlich und 55 Morgen willkührlich gebaute Äcker, 359 Morgen Weinberge, wovon 30 zu anderen Kulturen verwendet, 334 Morgen zweimähdige und 4 Morgen einmähdige Wiesen, 644 Morgen Laub-, 8 Mrg. Nadel-

Empfohlene Zitierweise:
F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 393. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_393.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)