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Feuilleton.




Eine alte Feuerlösch-Ordnung der königl. Hauptstadt Olmüz.
II.
(Schluß.)


Jeder Ortseinwohner erhielt vom Magistrat die erforderliche Anzahl Pechkränze als Beleuchtungsmaterial; auch mußten bei einem Brande Luster oder Laternen mit Lichtern in die Fenster gestellt oder aufgehängt werden.

Das Feuer in den Pechpfpanen zu unterhalten, war Aufgabe der Bewohner von den Ekhäusern. Die Seiler und ihre Gesellen hatten darüber zu wachen, daß durch diese Strassenbeleuchtung kein Schaden entstehe. Diese Gewerbtreibenden mußten auch die Pechpfannen auf die hiezu verfertigten Kreuze zu den Röhrkästen tragen, in den Pfannen Feuer machen und dieses während der Feuersbrunst unterhalten. Jedem Gewerbe und jeder Zunft war eine bestimmte Dienstleistung beim Feuer zugewiesen.

Zum Ruhme unserer Vorfahren sei erwähnt, daß, ehe noch die Löschgeräthschaften den Grund jeziger Vollkommenheit erreichten, bei einer Feuersgefahr Jeder Hand anlegte, um seines Nächsten Hab und Gut zu schüzen, in der Uiberzeugung, daß vielleicht in nächster Zeit, ihn ein gleiches Schiksal treffen wird, und er um so gewisser auf die Hilfe seiner Mitbewohner rechnen kann.

Sobald vom Wächter des Rathhausthurms das Feuer-Signal mit der Trompete und durch das Anschlagen an die Feuergloke gegeben worden ist, verließ Jeder Arbeit und Vergnügen, um mit eigener Gefahr den Hilfbedürftigen beizuspringen und das entfesselte Element in seine Grenzen zurükzuweisen.

Der Mangel an zwekentsprechenden Feuerlöschgeräthen und an Kenntnissen zur Bewältigung des Feuers wurde durch solchen regen und lebendigen Eifer theilweise ersezt.

Nach der Feuerlösch-Ordnung vom Jahre 1711 wurden die äußern Stadtthore bei einer Feuersbrunst gesperrt, dagegen die Pforten durch die innern Stadtmauern zu den Wassergräben, namentlich beim Katharinen-, Mitter- und Littauer-(Theresien)-Thore, dann nächst der Puzen- und Färbergasse und der obern Pilten geöffnet, um jedem Wassermangel zu begegnen.

Zu jener Zeit hatte Olmüz noch Vorstädte. Brach das Feuer zur Nachtzeit aus, so wurde bloß das Katharinenthor geöffnet und durch dasselbe alle zur Bewältigung des Brandes berufenen Handwerksleute eingelassen. Die Wachen wurden sowohl bei der Hauptwache als bei dem bezeichneten Thore verstärkt, und Niemand durfte sich bei einer solchen Kalamität aus der Stadt entfernen, es wäre denn, daß das Feuer bei Tag zur Wochenmarktszeit ausgebrochen und die Entfernung der Wagen mit den Vorräthen nothwendig war.

Ferner wurde angeordnet, daß bei jedem Tumult auf den ersten Trommelschlag von jeder der drei Stadtkompagnien sich 60 Mann, also im Ganzen 180 Mann mit Ober- und Untergewehr und mit Pulver und Blei zur Hauptwache stellen; bei einer Feuersbrunst genügten 60 Mann.

Je mehr die Löschgeräthe vervollkommt werden und die Bewohner sich bei Feuerversicherungen betheiligen, je mehr die Baulichkeiten hinsichtlich der Feuersicherheit den baupolizeilichen Prüfungen unterzogen werden, desto mehr schwindet die Furcht vor dem verheerenden Elemente.

Leider tritt aber an Stelle des früheren regen und lebendigen Eifers eine Gleichgiltigkeit. Viele Leute kommen zur Brandstelle, um als müssige Zuschauer ihre Neugierde zu befriedigen, ohne sich weiter um die durch den Brand Verunglükten zu kümmern. Thätige und umsichtige Männer werden in ihren Anstrengungen nicht unterstüzt, sondern durch die gaffende und am unrechten Orte raisonirende Menge sogar verhindert, dem Feuer kräftig entgegenzutreten.

Die neue, demnächst zur Berathung des Stadtverordneten-Kollegiums gelangende Feuerlösch-Ordnung soll der Unkenntniß in der Behandlung der Löschgeräthe, in allen bei Feuern eintretenden Uibelständen vorbeugen, in der richtigen Voraussezung, daß nur durch geeignete Verwendung der Kräfte günstige Resultate herbeigeführt werden können.

Die Grundzüge des neueren Feuerlösch-Systems sind in den Entwurf der Feuerlösch-Ordnung aufgenommen worden, namentlich die Uiberlassung der Lösch- und Rettungs-Funktionen an eingeübte Mannschaften und Beseitigung der regellosen und daher ungenügenden Hilfeleistung, die Uibertragung des Kommandos an eine befähigte vertrauenswürdige Persönlichkeit zur Vermeidung von Schwankungen und Verzögerungen, endlich Disziplin in den für das Löschwesen ausgebildeten Korps, aus welcher allein die unverweilte Ausführung gegebener Befehle hervorgehen kann.

Franz Beysch.


Empfohlene Zitierweise:
Franz Beysch: Eine alte Feuerlösch-Ordnung der königl. Hauptstadt Olmüz. Olmüz 1868, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:ONB_dnz_18680809.pdf/1&oldid=- (Version vom 7.9.2022)