Seite:OberamtCalw 166.jpg

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als Lehrling bei der Compagnie eingeschrieben und erhielt während seiner 4 Lehrjahre Unterricht in den Comptoirgeschäften, Anleitung zur Färberei, zur Prüfung und Behandlung der Wolle; hierauf wurde er gewöhnlich auf Reisen geschickt, um fremde Sprachen, namentlich die italienische zu lernen, auf Comptoiren größerer Städte ausgebreitetere Bekanntschaft mit der Handlung zu erwerben und ausländische Fabriken zu besuchen. An der Spitze der Geschäfte stand ein Direktor, der minder wichtige Fälle entschied und die Aufsicht über die Buchführung hatte; bedeutende Gegenstände blieben der Entscheidung der Gesellschaftsversammlung vorbehalten. Die Gebäude der Compagnie, welche alle in der Leder- und Inselgasse lagen, waren in den letzten Zeiten derselben folgende: das Kaufhaus mit der Kaufstube zum Ankauf der rohen Zeuge, einem großen Wollenmagazin, einer von Pferden getriebenen Mange, dem Farbengewölbe, dem Magazin für die ausgerüsteten Waaren, der Packkammer und dem Packhofe; der neue Bau mit zwei Magazinen für Wolle und für ausgerüstete Waaren; das Waaren- und Ausrüsthaus mit einer Wage, wo man die Zeuge vollends zum Verschicken vorbereitete; das um’s J. 1764 erbaute Manufakturgebäude (in der Inselgasse), in welchem zuerst eine Zeit lang eine Zuckerraffinerie bestand, die wöchentlich 50 Centner Zucker verarbeitete, in Folge des Ausbruchs des nordamerikanischen Freiheitskriegs und wegen erhöhten Durchfuhrzolles des Rohzuckers durch Holland aber einging. – Das Comptoir war gewöhnlich in einem Miethslokal im Hause eines der Mitglieder. Der Absatz der Compagnie wuchs namentlich während des siebenjährigen Kriegs, durch welchen die sächsischen Fabriken sehr Noth litten, und sie hatte damals Mühe, Arbeiter genug zur Befriedigung aller Bestellungen zu finden. Sie beschäftigte auch später noch gegen 900 Zeugmacher in 12 verschiedenen Ober- und Stabsämtern, Calw, Nagold, Wildberg, Böblingen etc., im Ganzen über 7000 Menschen (Zeugmacher, Spinnerinnen, Krämer etc.) und verschloß jährlich für nahezu 500.000 fl. Waaren. Später jedoch kam ihr Geschäft etwas in Abnahme, wozu die Verminderung des Absatzes nach Italien, besonders dem Kirchenstaat, wohin sie die meisten Zeuge verkaufte, die Concurrenz der englischen und das Wiederaufblühen der sächsischen Fabriken, Handelsbeschränkungen und Verbote in Österreich und andern Ländern, auch der veränderte Geschmack in der Kleidung und das häufige Tragen baumwollener Zeuge beitrug. Eine große Verlegenheit für die Compagnie entstand dann durch das Aufhören der Zufuhr grober wallachischer Wolle während des österreichisch-türkischen Kriegs. Von ausländischen Messen besuchte

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_166.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)