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den inneren Kirchenwänden hervorstehen. Überdieß sind noch zwei Eingänge vorhanden, die an ihren Innenseiten sehr schöne Verzierungen haben.

In den obern Räumen der Kirche befindet sich der alte Klosterbibliotheksaal, der so lang ist als die Kirche selbst und noch 12 alte Bücherkästen enthält, welche, wie auch die flache Holzdecke des Saals, mit prachtvollen, im spätgermanischen Geschmack gehaltenen Schnitzwerken reich verziert sind. Die Schnitzwerke stellen mit vielem Fleiß ausgeführte Gewände von Blumen, Früchten etc. dar und waren überdieß schön bemalt. Diese reichgeschmückten Bücherschränke sind in neuerer Zeit zu Registraturkästen mit Fächereinrichtung und einfachen tannenen Thüren umgewandelt worden. Der ganze Saal mit seinen alterthümlichen Überresten und seinen spitzbogigen, germanisch gefüllten Fenstern, aus denen man eine reizende Aussicht in das Nagoldthal genießt, macht einen feierlichen Eindruck. Einige Schlußsteine von dem ehemaligen Kirchengewölbe und einzelne gut gearbeitete Holzfiguren sind ebenfalls in dem Bibliotheksaal aufbewahrt.

An der Südseite der im Jahr 1739 angebauten Sacristei sind zwei alte Denkmale aufgestellt, das eine der Denkstein des heiligen Aurelius, das andere der Grabstein des Grafen Erlafried von Calw. Ersterer enthält das Bild des heiligen Aurelius mit der Bischofsmütze und dem Krummstab; die Umschrift in römischer Majuskel lautet: Anno benignitatis Octingentesimo Tricesimo, almi Praesulis Aurelii venerando corpore de Italia translato, est eidem Hirsaugia suscipiendo fundata. Der Grabstein des Erlafried enthält das schön gearbeitete Wappen der Grafen von Calw und mit gothischen Buchstaben die nur theilweise noch erhaltene Umschrift: (Ab) Incarnatione (Christi anno) octingentesimo XXX fundatum est hoc (monasterium a generoso domino Erlafrido, comite de) Calw: cujus depositio agitur IV. cal. Februarii. Diese Denksteine wurden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aus der Aureliuskirche in die Peterskirche verpflanzt und im 18., aus dem Schutte der letzteren ausgegraben, hieher versetzt (Steck 326).

Nach einem Vertrage von 1830 hat die Unterhaltungskosten für Thurm und Kirche der Staat zu bestreiten.

Die Reste des ehemaligen Schlosses, welches Herzog Ludwig von Württemberg † 1593 „auf dem Platz der alten Abtei“ erbaute[1], liegen am südlichen Ende des mit der Klostermauer umfriedigten


  1. Steck 290. Nach Walch Beschreibung des Bades bei Liebenzell von 1686 S. 22 hätte erst Herzog Friedrich 1595 das fürstliche Lust- und
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_229.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)