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Ja er zog diese Güter, als der von der Mehrzahl erwählte Abt Konrad gestorben war (den 20. Aug. 1001), ganz ein und setzte einen Verwalter darüber, jagte 1003 sogar die Mönche, bis auf zwei, ganz fort. Die Vertriebenen wählten nun zwar einen neuen Abt, dieser jedoch kam nie in den Besitz des Klosters, weil Niemand ihm gegen den mächtigen Grafen beistehen wollte, der nun gar das Kloster Weltgeistlichen übergab. Diese führten ein sehr ausschweifendes Leben, verkauften die ansehnliche und kostbare Bibliothek und ließen die Klostergebäude so sehr zerfallen, daß sie zuletzt selbst nicht mehr darin wohnen konnten. Nach ihrem Abzug fielen diese Gebäude vollends in Trümmer und das Kloster ging völlig ein. 1

Da erschien wahrscheinlich gegen Ende 1049[1] auf der Burg Calw Pabst Leo IX., von der Familie der Elsäßischen Grafen von Egisheim, der eine Reise durch Deutschland machte, und wurde von seinem Schwestersohn, einem jüngern Grafen Adelbert sehr ehrenvoll empfangen. Bei Besichtigung der Umgegend schien ihm diese wegen ihrer Abgeschiedenheit und ihres Reichthums an Wasser sehr geeignet für ein Kloster und sein Neffe konnte auch nicht läugnen, daß ein solches früher hier gestanden habe, durch die schlechte Aufführung der Mönche aber, wie er angab, zu Grunde gegangen sei. Die Frage des Pabstes nach den Klostergütern beantwortete er so ausweichend, daß Leo IX. merken mußte, der Untergang des Klosters habe eine andere Ursache gehabt, als die, welche der Graf ihm angab. Er ließ sich daher nach dem Orte führen, wo es gestanden hatte, erfuhr hier von einem alten Geistlichen, Berthold, den wahren Verlauf der Sache und fand beim Nachgraben in der Kirche auch die Gebeine des h. Aurelius. Nun stellte er seinem Neffen auf’s Ernstlichste vor, wie sehr sich seine Vorfahren durch die Zerstörung des Klosters versündigt hätten und wie es für ihn Gewissenspflicht sei, sich dieser Sünde nicht theilhaftig zu machen, sondern sie vielmehr durch Wiederherstellung des Klosters zu sühnen. Wenn dieß nicht geschehe, fügte er bei, müsse er ihn in den Bann thun. Adelbert versprach seinen Befehlen pünktlichen Gehorsam zu leisten, vergaß aber dieses Versprechen nach Leo’s Abreise schnell wieder. Desto besser behielt es seine fromme Gattin im Gedächtniß und brachte es durch ihre unaufhörlichen Bitten und Vorstellungen bei Adelbert endlich auch dahin, daß dieser 1059 den Wiederaufbau des Klosters begann. Die alte Klosterkirche, welche nicht einmal Säulen hatte, wurde abgebrochen und die


  1. Das Jahr 1050 bei Trithemius muß unrichtig sein; denn in diesem Jahr kam Pabst Leo IX. gar nicht in das jetzige Deutschland. Auch irrt dieser Schriftsteller, wenn er den Pabst von Hirschau aus auf das Mainzer Concil kommen läßt; dieses Concil fand im October 1049 statt und Pabst Leo reiste dahin von Rheims und Verdun. Kurze Aufenthalte des Pabstes in Schwaben sind aus dem Ende des Jahres 1049 und den Jahren 1051, 1052 und 1053 bekannt. Den Besuch des Pabstes bei seinem Schwestersohn, Graf Adelbert, und sein Andringen auf Wiederherstellung des Klosters Hirschau erwähnt auch, übrigens ohne genauere Zeitbestimmung, Annalista Saxo bei Pertz Mon. 8, 687.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_238.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)