Seite:OberamtCalw 239.jpg

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oben beschriebene Aureliuskirche abermals auf dem rechten Nagoldufer gebaut und am 4. Sept. 1071 vom Bischof Heinrich von Speier eingeweiht. Noch ehe dieß geschah, waren aus dem Kloster Einsiedeln der Abt Friedrich und 12 Mönche nach Hirschau gekommen (den 4. December 1066) und ihnen wurden die Benediktiner aus dem aufgehobenen Kloster Sindelfingen beigesellt. Er begleitete indeß nicht drei Jahre seine Würde, als er auf unerwiesene Anschuldigung hin im J. 1069 abgesetzt wurde.

Sein Nachfolger war Wilhelm, Prior des Klosters St. Emmeran in Regensburg, der jedoch sein Amt nicht eher antrat, als bis die Nachricht kam, Abt Friedrich sei im Kloster Lorsch gestorben (den 12. Mai 1069). Dann aber trat er, von der Calwer Gräfin Wiltrud unterstützt, so kräftig auf, daß Graf Adelbert sich nicht nur zur Herausgabe sämmtlicher früheren Klosterbesitzungen verstand, sondern dem neuen Abt auch die Vollmacht zur Verfassung der neuen Stiftungs- und Dotationsurkunde gab. Die Folge hievon war, daß diese Urkunde sehr günstig für das Kloster ausfiel. Graf Adelbert übergab nämlich in seinem, seiner Gattin und Kinder Namen dem Kloster die sämmtlichen ihm früher entrissenen Besitzungen mit all ihren Rechten, Gerechtigkeiten und Nutzungen als ewiges Eigenthum, frei von aller Unterwürfigkeit unter irgend eine weltliche Botmäßigkeit, zur alleinigen unumschränkten Verwaltung eines jeweiligen Abts, und entsagte für sich und seine Nachkommen allen Ansprüchen und Eigenthumsrechten darauf, in der Hoffnung, daß ihm dafür seine Sünden vergeben werden und daß die Mönche seiner selbst, wie seiner Familie, seiner Vorfahren und Nachkommen in ihrem Gebete täglich gedenken würden. Dem Convent wurde die freie Abtswahl, dem Abt aber die unbeschränkte Verwaltung der Klostergüter nach seinem besten Wissen und Gewissen zugesichert; wenn er aber diese Vollmacht zum Schaden des Klosters benützte und mit dem Klostereigenthum übel wirthschaftete, so sollte er, durch die Nachkommen des Grafen, unter Beistimmung und mit Hilfe des Convents, des Vogts, der Geistlichkeit und aller Kloster-Hintersassen seiner Würde entsetzt werden. Dem Abt und Convent wurde erlaubt, einen Vogt nach Belieben zu wählen, wenn sich in der Calwer Familie Niemand finde, der allein um Gottes, nicht um zeitlichen Vortheils und Lohnes willen den Schirm übernehmen wolle, dem Schutzvogt aber die Pflicht auferlegt, dreimal jährlich in den Angelegenheiten des Klosters Gericht zu halten, wofür er als Belohnung nur den dritten Theil der fallenden Strafgelder und was andere Klostervögte anzusprechen hätten, erhalten sollte. Unberufen durfte er die Klostergüter nicht besuchen, noch darin unter dem Vorwand von Amtsgeschäften übernachten, überhaupt dem Kloster keine widerrechtliche Zumuthung machen und auch keinen Untervogt anstellen. Wenn er sich nicht als getreuer Beschirmer, sondern als gewaltsamer Bedränger bewies, war das Kloster berechtigt, ihn abzusetzen.

Der Abt reiste hierauf selbst nach Rom, wo er von Pabst Gregor VII. die Bestätigung des Klosters und die Übernahme desselben in den päbstlichen

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_239.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)