Seite:OberamtCalw 240.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schutz gegen die gewöhnliche Abgabe von einem goldenen Byzantiner jährlich erlangte; Graf Adelbert selbst aber ließ die neue Stiftung zu Worms am 9. October 1075 durch K. Heinrich IV. feierlich bestätigen; nachdem er zuvor dem Kloster am 14. September 1075 seine Güter in Gegenwart verschiedener Grafen und Herren übergeben hatte. Für einen ihm vom Kloster überlassenen Hof zu Laufen schenkte er demselben auch noch die Kirche zu Malsch, Güter in Weil der Stadt und den benachbarten, jetzt abgegangenen zwei Weilern Greckenbach und Blanden, in Botnang, Dambach (gleichfalls abgegangen), Feuerbach und Walheim, etwas später auch noch in Schöllbronn. Zuletzt ließ sich Adelbert selbst als Mönch einkleiden († 1099). Sobald nun das Kloster auf solche Weise seine Selbstständigkeit erlangt hatte, schritt Abt Wilhelm unverweilt zur Ausführung seiner Plane und führte auf den Rath des päpstlichen Legaten Abt Bernhards von Marseille, welcher sich 1077 ein ganzes Jahr lang bei ihm aufhielt, eine Klosterordnung ein (Herrgott vetus disciplina monast. S. 371 ff., im Auszug bei Cleß Versuch 2, 40 ff.), in welcher er die Benediktinerregel von Clugny den besonderen Bedürfnissen Hirschau’s und der schwäbischen Benediktinerklöster überhaupt anpaßte, und führte zuerst auch in Deutschland das Institut der Laienbrüder (Conversi) oder Bärtlinge (Barbati) ein, einer Art Halbmönche, welche ihren eigenen Meister und ihre Statuten hatten, als Knechte und Taglöhner, wie als Handwerker jeder Art dem Kloster Dienste thaten und zum Theil auch zu seinen Kunstarbeiten verwendet wurden. An sie schloßen sich die sogenannten Geschenkten (Donati, Oblati) an, Leute von beiderlei Geschlecht, welche zwar ihre weltliche Kleidung forttrugen und nicht im Kloster wohnten, sich aber ganz dem Dienste desselben widmeten und vornehmlich solche Arbeiten übernahmen, die man auch den Laienbrüdern nicht gerne überließ, weil sie dadurch zu viel unter die Weltleute gekommen wären. Sie hatten ebenfalls ihren besondern Meister und Speisesaal, ihren Namen aber daher, daß sie sich freiwillig dem Kloster hingaben. Mit ihrer und der Laienbrüder Hilfe vornehmlich, zugleich von Adlichen und Reichen, besonders von Judith, der Wittwe des Markgrafen Hermann von Baden, unterstützt, begann Abt Wilhelm auf einer Anhöhe am westlichen Ufer der Nagold 1083 den Neubau des Klosters, den nicht nur die Zahl der Bewohner desselben (150 Mönche und 60 Laienbrüder und neben ihnen noch 50 Geschenkte), sondern auch die niedere, häufigen Überschwemmungen ausgesetzte Lage des bisherigen Klostergebäudes nöthig machte. Er erlebte auch noch die Einweihung der neuen, den Aposteln Petrus und Paulus geweihten Klosterkirche (den 2. Mai 1091), starb aber, noch ehe die Klösterlinge aus dem alten Kloster, in welchem nur ein Prior mit 12 Mönchen zurückblieb, in’s neue einzogen. Wilhelm war einer der ausgezeichnetsten Männer seiner Zeit, angesehen nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland, die treueste und festeste Stütze des päbstlichen Stuhls in Schwaben, weßwegen

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_240.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)