Seite:OberamtCalw 258.jpg

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Überdieß ist noch das Marienstift zu nennen, ein schönes, im modernen Styl erbautes Gebäude, welches Ihre K. Hoheit die Prinzessin Marie von Württemberg im Jahr 1847 erbauen ließ; es enthält eine Industrieschule und Kleinkinderschule mit je 2 Lehrerinnen. Die Verpflegung der Kinder, wie die Besoldung der Lehrerinnen bestreitet die Prinzessin.

Der Ort und die Umgegend ist sehr wasserreich und 6 laufende Brunnen liefern vortreffliches Trinkwasser; überdieß besteht noch ein reichlicher Schöpfbrunnen, der Bischofsbrunnen genannt. Der Längenbach fließt durch den Ort und wird in dem unteren Theil desselben zu einem 21/8 Morgen großen Weiher geschwellt, in welchem Forellen gezogen werden. Der Weiher, dessen künstlicher Ablauf die untere Mühle und die Wollenspinnerei in Bewegung setzt, ist Eigenthum des Staats, der ihn verpachtet. Bei starken Regengüssen und schnellem Schneeabgang schwillt der Längenbach öfters sehr stark an und wird den nahe stehenden Gebäuden gefährlich, wie er denn im Jahr 1824 nicht nur ein Haus weggerissen, sondern auch sonst großen Schaden an Gütern etc. angerichtet hat.

Außerhalb des Orts entspringen mehrere reichliche Quellen, von denen der 1/4 Stunde unterhalb der Stadt auf der linken Seite der Nagold hervorkommende Markgrafenbrunnen nicht nur die bedeutendste ist, sondern auch vortreffliches Wasser liefert, das eine etwas höhere Temperatur hat, als die gewöhnlichen Quellen. Bemerkenswerth ist, daß außer dem Markgrafenbrunnen und den Badequellen (s. hier. unten) einige Quellen auf dem rechten Ufer der Nagold, wie auch ein laufender Brunnen in dem westlichen Theile der Stadt, ebenfalls eine etwas wärmere Temperatur haben; das Wasser des letzteren soll sehr gesund sein und wird häufig von Kranken getrunken. Unfern der unteren Brücke entspringt der sogen. Kropfbrunnen, der sehr hartes Wasser führt, eine Eigenschaft, die noch einigen anderen, unterhalb des Kropfbrunnens entspringenden Quellen zukommt.

Die Nagold, welche an der Ostseite des Orts vorüber durch ein üppiges, ziemlich erweitertes Wiesenthal fließt und an der Wollenspinnerei den Längenbach aufnimmt, hat hier eine Breite von 60–70′, während die Tiefe im Allgemeinen von 4–8′ wechselt. Sie tritt öfters aus ihren Ufern und überschwemmt die ganze Thalebene; im Jahr 1851 hat der angeschwollene Fluß nicht nur großen Schaden an den Feldern etc. angerichtet, sondern auch die 3 über die Nagold führenden Brücken theils weggerissen, theils beschädigt. Die Fischerei in der Nagold haben die beiden Badinhaber und einige Bürger;

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_258.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)