Seite:OberamtCalw 264.jpg

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Diese Ritter stunden unter gräflich calwischer, später (da Graf Simon von Zweibrücken Herr zu Alteberstein die Tochter des gegen 1263 verstorbenen letzten Grafen von Calw geehlicht hatte) kurze Zeit noch unter gräflich zweibrückischer Lehensoberherrlichkeit. Reinhard (d. ä.) und Ludwig verkauften um 1258 Güter zu Königsbach (im bad. Amte Durlach) an Pforzheimer Bürger (Maulbronner Urk. vom 26. Januar 1259), und Ludwig schenkte im Jahre 1272 dem Kloster Herrenalb zur Vergütung zugefügten Schadens den Kirchensatz zu Merklingen (Mone a. a. O. 1, 476), welchen er von dem Grafen Simon von Zweibrücken zu Lehen trug, was dieser bestätigte. Als Wappen führten diese Ritter zwei aufgerichtete von einander abgekehrte Schlüssel (Mone a. a. O. 1, 249). Die Burg Liebenzell selbst veräußerte Ludwig um 1272 an den Deutschorden, und trat, nunmehr dieses Vatererbes baar, selbst in diesen Orden, in welchem er in Preußen durch seine siegreichen Kämpfe gegen die Samaiten und durch seine Überredungskunst, wodurch er 1600 Sudauer für das Christenthum gewann, sich auszeichnete. Vom Jahr 1294 bis 1300 war er Comthur vom Ragnit. Zum mittelbaren Nachfolger in derselben Comthurei, 1317–1318, hatte er seinen nahen Anverwandten, den gleichfalls sehr tapfern Friedrich von Liebenzell (Stälin Wirt. Gesch. 3, 746). In der Mitte des 14. Jahrhunderts verlautet nichts mehr von diesem Geschlecht. Der Deutschorden verkaufte jedoch bereits im J. 1273 für 1200 Mark Silber Liebenzell an den Markgrafen Rudolph von Baden (Württ. Jahrb. 1853b, 204). Eben dieses Markgrafen Rudolphs Gemahlin Kunigunde, geb. von Eberstein, war es, welche in dieser Burg im April 1284 verschied [1]. 1

Der Sage gehört an als Besitzer der Burg der „Tirann“ Erkinger von Merklingen. Ihn bekämpfte, so heißt es, ein Markgraf von Baden, unterlag zwar anfänglich, siegte jedoch darauf mit Unterstützung des Pfalzgrafen Ruprecht (1353–1390)[2], nahm Liebenzell ein und ließ den Tirannen vom Thurm hinabschleudern (Crusius Annal. Suev. 3, 182; sonstige Sagen über ihn s. bei Meier deutsche Sagen 1, 151). Es kommt zwar ein Erkinger von Merklingen


  1. Chron. Sindelf. Nicht sie war es, welche Liebenzell an Baden brachte; der eberstein’sche Weiler Zelle im Verkaufsbrief Otto’s von Eberstein an Markgraf Rudolph von Baden vom Jahr 1283 ist wahrscheinlich Marxzell, v. Krieg Grafen von Eberstein 361. 43.
  2. Urkundlich kommt dieser vor als zeitweiliger Pfandinhaber von Liebenzell. Schoepflin Cod. dipl. Hist. Zar. Bad. ad a. 1362. S. 464.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_264.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)