Seite:OberamtCalw 367.jpg

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Übrigens sind die Einwohner fleißig und sparsam, im Allgemeinen aber in nicht günstigen Vermögensumständen; sie nähren sich meist von Feldbau und Viehzucht. Von den Unbemittelten suchen sich viele durch Taglohnarbeiten und als Fabrikarbeiter in Calw ihren Unterhalt zu verschaffen. Im Ort befinden sich 2 Schildwirthschaften, ein Kaufmann und ein Krämer; unter den Handwerkern sind die Weber am zahlreichsten vertreten und beinahe jeder Bürger versteht wenigstens so viel von dem Weberhandwerk, daß er das von seinen weiblichen Hausgenossen gesponnene Garn selbst verweben kann.

Allhier, wo sein Vater Pfarrer war, ist den 3. Nov. 1769 geboren Ernst Gottlieb Bengel. Er studirte Theologie in Tübingen, wurde allda 1806 Professor, 1822 Probst und starb am 23. März 1826. Als Lehrer und durch den Geist seiner ächt wissenschaftlichen Forschung erwarb er sich einen bedeutenden Ruf.

Die meist große, über die Hälfte mit Waldungen bestockte Markung hat, so weit sie für den Feldbau benützt wird, eine ziemlich ebene Lage und mittelfruchtbaren rothsandigen Boden, der durch die ihm zukommende fleißige Düngung sich immer mehr bessert.

Das Klima ist ziemlich rauh, die Luft jedoch sehr gesund, übrigens stets etwas bewegt, öfters stürmisch; jedoch genießt der Ort einigen Schutz gegen Norden, indem in dieser Richtung das Terrain noch sehr merklich ansteigt; dessen ungeachtet will das Obst nicht so gerne gedeihen, wie in den noch höher gelegenen Orten Emberg und Schmieh. Der guten Luft wegen ist Zavelstein den Sommer über von Kranken häufig besucht und hat sich in neuerer Zeit zu einem kleinen Kurort gestaltet, der gleichsam einen Anhang zu Teinach bildet. Die Kurgäste können hier nicht allein das Teinacher Wasser, welches jeden Morgen frisch von Teinach gebracht wird, gebrauchen, sondern sie finden auch Gelegenheit, vorzügliche Kuh- und Ziegenmilch wie auch Molken zu trinken. Im Gasthaus zum Lamm, von dem man eine sehr freundliche Aussicht in das Teinachthal und über die Umgegend genießt, finden die Gäste eine gute Unterkunft und Gelegenheit zum Gebrauch von warmen – namentlich auch von Fichten-Nadelbädern.

Die Landwirthschaft wird, so weit es die Verhältnisse erlauben, gut und fleißig betrieben; aus Mangel an Zugvieh werden die Felder häufig durch Auswärtige um den Lohn gebaut. In der üblichen Wechselwirthschaft pflanzt man vorzugsweise Roggen, Hafer, Kartoffeln, weniger Dinkel, ferner Erbsen, Kraut, weiße Rüben, dreiblättrigen Klee, Hanf und Flachs. Der Ertrag eines Morg. Ackers wird zu 4–41/2 Schfl. Roggen, 5–6 Schfl. Hafer und 8–10 Schfl.

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_367.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)