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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

Der Süßwasserkalk. Kein Land in Deutschland mag wohl so viele Abänderungen des Süßwasserkalks, sowohl in den Formenverhältnissen, der Farbe, dem Bruch und der Dichtigkeit aufzuweisen haben, als Würtemberg und so bietet auch die Gegend von Canstatt dem Geognosten manches Ausgezeichnete dieser Gebirgsformation dar. Der Süßwasserkalk bildet die Sohle, auf der Canstatt gebaut ist, zieht sich östlich gegen den Sulzerain und auf dem linken Neckarufer weiter nach Münster hinab fort. Die Auflagerung des Süßwasserkalks möchte wohl hauptsächlich auf dem Muschelkalk statt finden; so viel mir bekannt, wurde derselbige aber wegen des in mehrerer Teufe statt findenden Zudrangs von Wassern noch nie durchsunken. Die Schichtung desselbigen ist in der Regel ziemlich constant. Von Tag nieder, gleich unter der einige Fuß mächtigen Dammerde, liegt röthlichgrauer Leimen 12′ mächtig, in dessen Mitte sich 3 über einander liegende nur 6″ von einander entfernte Schichten von braunlichgrauen Mergelkugeln von Nuß- bis zu Eigröße finden. Unterhalb dieser liegt eine 1 Fuß mächtige Schichte eines größtentheils aus Sumpfpflanzen bestehenden Süßwasserkalks, der theils auf den Ablösungsflächen, theils in den Räumen, welche die incrustirten Pflanzentheile bilden, mit einem rindenartigen Anflug von Mondmilch überzogen ist, welche gegen das dunkle Dachflöz sehr auffallend absticht; unter dieser folgt eine 4 Fuß mächtige Schicht eines ockergelben, sehr feinkörnigen, ganz zerreiblichen Kalkmergels, in dem sich viele kleine Heliciten, Planorben und Lymnäen und häufig nuß- und eigroße, plattgedrückte Kugeln eines festern Kalkmergels finden; nach


    Solarium. 9) Sehr feinkörniger, thonhaltiger, blaulichgrauer Liaskalk mit fein eingesprengtem blättrigem Bleyglanze 2 Fuß. 10) Bläulich- und rauchgrauer Töpferthon 1–2 Fuß. 11) Schwärzlichgrauer, sehr fester, sandiger Liaskalk, der Stuttgarter Pflasterstein 3–4 Fuß. 12) Gelblichgrauer, mit groben Sandsteinbrocken gemengter Thonmergel 2 Fuß. 13) Die grobkörnige oben beschriebene Keuperbreccie als das Ausgehende dieser letztern Formation. Diese Gruben, welche in bedeutender Anzahl vorhanden sind, können selten tiefer als 24–30 Fuß abgeteuft werden, weil, sobald der Töpferthon ausgestochen ist, die Grubenwasser in solcher Menge heraufdringen, daß die Grube verlassen und an einer andern Stelle eingeschlagen werden muß, worauf die Gruben mit dem Abraum wieder eingeworfen werden. Die Lage der Schichten ist selten ganz wagrecht, meist fallen solche von Nordwest nach Südost unter einem Winkel von 5° gegen das Gebirg hin.

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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 040. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt040.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)