Seite:OberamtCanstatt139.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

Grafen von Calw gewesen und durch diese in Welfischen Besitz gekommen zu seyn scheint. Nach Crusius (I. 484) und der Sindelfinger Chronik erhielt Itha oder Utha, Tochter des Pfalzgrafen Gottfried von Calw, als sie ums Jahr 1126 den Herzog Welf von Spoleto heirathete, unter Anderem auch „Kannistat, Bliningen, Moringen etc.“ zum Heirathsgut. Daß die Besitzungen der Grafen von Calw sich bis in die Gegend von Canstatt erstreckt haben, ist oben S. 9 schon gezeigt. Aber es ist nicht wahrscheinlich, daß sie und ihre Erben, die Welfen, im vollen Besitze von C. waren, vielmehr ist anzunehmen, daß ihnen nur ein Theil, vielleicht einer der Höfe gehört habe. Was aber die Hohenstaufen betrifft, welche in das Welfische Erbe eintraten, so findet man nirgends einen Beweis dafür, daß sie im Besitze von Canstatt gewesen seyen. Dagegen findet man die Stadt schon unter den ältesten Besitzungen des Würt. Hauses, und wahrscheinlich ist es an dieses mit der Gaugrafschaft und dem Landgerichte, dessen Sitz Canstatt war, gekommen. Als ein Bestandtheil der alten Grafschaft Würtemberg wird die Stadt denn auch in dem Lehensverzeichnisse v. J. 1420 aufgeführt, welches Graf Rudolph von Sulz im Namen der Grafen Ludwig und Ulrich von Würtemberg dem Kaiser Sigismund übergab, Steinhofer II. 704 etc. Übrigens besaßen die Grafen von Würtemberg außer dem Landgericht und den alten Grafenrechten wenig oder gar nichts zu Canstatt. Dieß war ohne Zweifel auch Ursache, daß Canstatt nicht zur Residenz- und Hauptstadt gemacht wurde, obgleich alle Bedingungen zu letzterer vorhanden waren.[1] Graf Eberhard verlegte 1320 die Residenz von dem Stammschloß Würtemberg nach Stuttgart, weil er dort ein Schlößchen und Domänen hatte und zugleich der Grundherr war, während er dagegen Canstatt noch nicht so recht als eine Würt. Stadt betrachtet haben mochte. 1


  1. Diese Ansicht wird mit guten Gründen von Hrn. Professor Übelen in einem Programm auf die Feyer des Königl. Geburtstages im Gymnasium zu Stuttgart 1822 S. 25 unterstüzt.
Empfohlene Zitierweise:
Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt139.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)