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Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt

Kapelle, von deren Stufen aus, genießt. Der Punkt, auf dem die Kapelle steht, ist unstreitig einer der schönsten des Landes, mitten in der herrlichsten und üppigsten Landschaft gewährt er eine ebenso reizende als ausgedehnte Aussicht, welche nur nach NO. durch den höhern Bergzug beschränkt ist, gegen Südost und Süden aber fast die ganze Kette des Alpgebirgs beherrscht, und gegen Westen und Norden weit über den Schwarzwald und abwärts bis über den Odenwald hin sich erstreckt. Die Höhe des Berges am Fuße der Kapelle beträgt 1275 P. F. über dem Meere und 606′ über dem Thale.

Auf dem Platze der Kapelle stand vormals

das Stammschloß Würtemberg.

Woher der Name des Schlosses und Berges rühre, mag hier billig um so mehr unerörtert bleiben, als bis jetzt alle darüber angestellten Untersuchungen immer auf bloße Vermuthungen hinausgelaufen sind. Die wahrscheinlichste Ableitung ist die von Wirth oder Wirthin (Herr oder Frau), ehemals auch häufig Würt, Würtin geschrieben[1]. Auch über die Schreibart des Namens läßt sich eben, weil seine Bedeutung ungewiß ist, und weil die Urkunden, wie bey andern Namen, alle mögliche Schreibarten enthalten, nicht rechten, nur so viel mag bemerkt werden, daß die erst in neuern Zeiten wieder aufgekommene Schreibart Württemberg (mit tt) die unhaltbarste ist. Vergl. Würt. Jahrb. 1819, S. 227 u. ff.

Die Zeit der Erbauung des Schlosses ist unbekannt. Aber ein merkwürdiges Denkmal des Alterthums beweist, daß es schon im eilften Jahrhundert gestanden hatte. Dieses Denkmal, das älteste von Würtemberg, besteht in einem Steine, der, gleichwohl zerbrochen, sich mit folgender


  1. 1354 verkaufen Hug der Nallinger, Richter zu Eßlingen, und seine „eheliche Würtin“ Güter, s. Canstatt; in demselben Jahre vermachen Alt Besemer und seine „eheliche Würtin" Güter an das St. Clara-Kloster zu Eßlingen, s. Zatzenhausen: 1324 Anna von Dizingen, Reinhards v. Altenburg „ehel. Würtene“ etc., s. S. 135.
Empfohlene Zitierweise:
Memminger: Beschreibung des Oberamts Canstatt. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1832, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCanstatt195.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)