Seite:OberamtEllwangen 137.jpg

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der Kälte. Butter und Eier wären ganz erwünscht, werden aber größtentheils zum Verkauf bestimmt. Genügend ausgiebige Ölpflanzen, den Ölbaum, besitzt Deutschland nicht. Darum ist als Gegenstand der Volksernährung das Schwein unter den Thieren das vornehmste, von den Ohren und dem Rüssel bis zu den Knöcheln, in Stadt und Land, und nicht umsonst spielen die „Metzelsuppen“ eine große Rolle. So klein und armselig ist auf dem Lande selten eine Haushaltung, daß es nicht zum Schlachten eines Schweines und damit zum nothwendigen Vorrath von Rauchfleisch und Speck reichen würde.

Auch Geflügel und namentlich die Gans darf nicht vergessen werden; hauptsächlich im Ries mit seinen weiten Ackerfluren und vielen kleinen Gewässern wachsen alljährlich ihrer viele Tausende. Zwar die meisten werden fort verkauft, aber manche erreicht doch innerhalb des Bezirks das Ziel ihres Daseins. Gewaltsames Stopfen kommt nicht vor, die Hauptmästung der Gänse ist nach der Ernte, wo sie die ausgefallenen Körner auflesen. Wo kürzlich die ährenschweren Halme wogten, da sieht man nun die jugendlichen Schaaren im weißen Flügelkleide über das Stoppelfeld schwärmen – ein reizend appetitlicher Anblick.

Hier ist eine althergebrachte Rohheit zu erwähnen, die an die Entenfüße der Chinesen erinnert, jedoch neuerdings, so viel bekannt, im Ellwanger Bezirk nicht mehr oder nur in vereinzelten Fällen vorkommt; in Nördlingen und Umgegend soll sie noch üblich sein. Ein besonderer Leckerbissen der Rieser war oder ist noch das „Gansgrät“. Das wird so gemacht: Der zum Verspeisen bestimmten Gans wird der Hals über einen Rührlöffel oder dgl. gehalten und dann mit beiden Füßen darauf getreten, endlich werden durch Zug am Kopf und den Füßen die Halswirbel mit einem Ruck auseinander gerissen. In dem gequetschten Hals ist eine Blutunterlaufung entstanden. Der todten Gans wird dann der Hals unterbunden und abgehackt. Der so zugerichtete Hals, das „Gansgrät“, eine Art Blutwurst, gilt als Leckerbissen. Es wird aber behauptet, dieses Gänsewürgen sei weniger Thierquälerei als das Abstechen. Nach amtlichen Erhebungen geschieht jetzt im hiesigen Bezirk das Tödten der Gänse meist durch Kopfabhauen.

Die Ausbeute an Fischen aus den kleinen Gewässern und den aus alter Zeit noch vorhandenen Weihern gibt Erträge von namhaftem Werth, kann aber für die Ernährung im ganzen nicht erheblich in Betracht kommen. Dasselbe gilt von dem Ertrag der Jagd, den Froschschenkeln und ähnlichen Genüssen.

Die Anpflanzung von Obstbäumen hat sich in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr ausgebreitet und liefert bei richtiger

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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_137.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)