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klopft“. (Meier, Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, S. 488.)

Eine viel verbreitete Sage läßt bei Nacht Kirchen hell leuchten, wie wenn Tausende und Tausende von Kerzen drinnen brenneten. Bei diesen Lichtern sollen geisterhafte Prozessionen, Hochämter etc. gehalten werden. So heißt’s von der Ellwanger Stiftskirche im Advent, daß es drinnen wie ein Feuermeer leuchte. Eine Prozession in langsamem Schritte könne man durch das Schlüsselloch sehen; mache man schnell auf, so sei alles verschwunden. (Birl. Volksth. I, 300.)

Wenn man in der heiligen Nacht in der zwölften Stunde auf eine Kreuzstraße steht, in Stadt und Dorf, so sieht man einen Sarg vor diesem und jenem Haus stehen, und aus den betreffenden Häusern gehen das künftige Jahr Leichen. (Birl. Volksth. I, 468.)

Als der schwarze Tod hauste, kam einmal nach Ellwangen ein Vögelchen geflogen und brachte Würzelchen im Schnabel und pfiff dazu: Esset Knobl und Bibernelle, So werdet ihr nicht sterben älle.

Im Schlosse zu Ellwangen rumort von Zeit zu Zeit der Klopfer bald in diesem, bald in jenem Zimmer. Gesehen hat ihn noch niemand, aber seine Ankunft meldet er durch starkes Klopfen. (Birl., Aus Schwaben 1, 342.)

Eine Viertelstunde von Ellwangen ist der Galgenberg, eine waldige Anhöhe. Oben ist das alte Gemäuer, über dem einst der Galgen sich erhob. In der Fastenzeit ists da nicht geheuer. Vom Galgen bis zum nahen Schindanger gehen Flämmlein herüber und hinüber. Dieses sind die Seelen von Schindersknechten, die mal einen Unschuldigen hingerichtet, in Nacht und Nebel auf dem Schindanger verscharrt haben. Dafür haben ihre Seelen keine Ruhe. Wenn sich’s jährt, daß sie die That vollbrachten, kommen sie, heulen, jammern und wehklagen. (Birl. Volksth. 1, 288)

Es diente einmal ein Mädchen in Ellwangen und hätte gern schöne Kleider gehabt. Da gieng sie oft auf den Schönenberg und betete inbrünstig, sogar oft noch am Fuße des Berges, unten, die Mutter Gottes möchte ihre Bitten erhören. Da kam einmal Abends beim Melken ein steinuralt Weiblein mit einer Kienz in den Stall und sagte: „Ich hab dir auch was mitgebracht,“ und gab ihr zwei Kronenthaler. Alt Weiblein sagte weiter: „hier hast du’s, aber gescheidter wäre es, du würdest nicht um solches beten“, gab dem Mädchen eine tüchtige Ohrfeige und verschwand. Das Mädchen betete nie mehr um Geld. (Birl. Volksth. 1, 254 f.)

Auf dem Hexenwasen im Stadtwald Goldrain seien die Hexen verbrannt worden. In der Schloßvorstadt ist das Freigäßle, hier sei ein Asyl für Verbrecher gewesen. Bei einem Feldkreuz, des Kaisers Kreuz, südlich der Stadt auf der Höhe an der Straße nach Dalkingen soll ein schwedisches Lager unter General Wrangel gestanden haben. Eine Kanonenkugel, welche heute noch als Wahrzeichen in dem Haus Nr. 98 in der Spitalstraße steckt, soll von diesem Lager aus geschossen worden sein.

Aus den Zeiten des dreißigjährigen Kriegs geht noch heute die Sage, daß ein ruchloser schwedischer Soldat das in der Kapelle des Schlosses befindliche geschnitzte Mariabild unmenschlich gelästert, daß er dem Bilde Jesu die linke Hand sowie den großen Zehen des rechten

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_154.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)