Seite:OberamtEllwangen 156.jpg

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zu Grund richten lassen beiläufig um das Jahr 1787. (Hiller’sche Chr. I.)

Gründung der heil. Kreuzkapelle bei Wilburgstetten. Im Jahr 1696 entfernte man aus der Stadtpfarrkirche zu Ellwangen ein altes, in Mannsgröße aus Holz geschnitztes Cruzifixbild. Joh. Georg Götzinger, Petschierstecher zu Wilburgstetten, erwarb dieses Bild, trug es in seinen Heimatsort W. und stellte es im Freien auf. Allmälig bildet sich zu dieser Stätte Andachts halber ein großer Zufluß von Katholiken der Nachbarschaft. Um das Bild gegen die Einflüsse der Witterung zu schützen, errichtete man bald ein Bretterdach über dasselbe, stellte später einen kleinen Bau von Pfählen und Brettern um dasselbe her, und erweiterte diesen endlich zu einer förmlichen Kapelle, welche jedoch immer noch nur aus Brettern mit Mörtelanwurf gebildet war. – Im Jahr 1745 baute man aus Opfergeldern und freiwilligen Gaben aus Stein das schöne Kirchlein, welches gegenwärtig noch vor Augen steht. – Das große Bild des gekreuzigten Christus auf dem Hochaltare ist würdig gehalten mit strengen Gesichtszügen, und mag aus dem Übergange vom 15. in das 16. Jahrhundert stammen. (Steichele, Das Bisthum Augsburg III. Band, S. 429 f.)

In Kißlegg hing eine große Glocke, die allemal läutete:

Hier will ich nicht hangen,
Ich g’hör nach Ellwangen.
 (Birl. Volksth. 1, 146.)

In Eigenzell bei Ellwangen ist ein großer, mit Eisen stark beschlagener Sarg, der Schwedensarg genannt. Es sollen in Schwedenzeiten allemal drei Personen zumal in den Friedhof geführt und der Sarg wieder heimgenommen worden sein. (Birl. Volksth. 1, 165.)

Bühlerthann. Im Schloß Tannenburg bei B. geht ein weißes Fräulein um, die ein groß Gebund Schlüssel am Arm trägt, daher man sie Schlüsseljungfer oder auch Schließerin nennt. Außerhalb des Schlosses zeigt sie sich immer nur auf dem Fußwege, der von Tannenburg herabführt und von dem Wege nach Halden durchschnitten wird. Sie geht schnell an den Leuten vorüber, hat aber noch niemals den Dambach überschritten. Sie ist als Braut gekleidet, hat einen Kranz oder Band um den Kopf und wird Kränzlesjungfer, Brautjungfer, Hochzeitsmädle oder auch wohl das Fräulein von Tannenburg genannt. Sie soll eine Liebschaft mit zwei Männern gehabt haben; die bekamen ihretwegen Streit und der eine erstach den andern. Wegen dieser Schuld muß sie umgehen und treibt allerlei Spuk. So hatten sich einmal mehrere Knaben unter einer großen Eiche bei Tannenburg versammelt und wollten probiren, wie es einem sei, der erhängt würde. Nachdem es mehrere Knaben an sich hatten versuchen lassen, hing eben wieder einer, als plötzlich ein dreibeiniger Hase dahergelaufen kam. Darüber erschracken die Kinder dergestalt, daß sie alle davon liefen und ihren Kameraden hängen ließen. Seitdem hieß diese Eiche die „Bubeneiche“. Jetzt ist sie umgehauen. Jener dreibeinige Hase aber war niemand anders, als die Hochzeitjungfer. Einige glauben, diese Hochzeitjungfer sei eigentlich verschieden von der Schlüsseljungfer. (Meier S. 42 f.)

In Bühlerthann, Sontheim und der ganzen Umgegend sowie in Schwäbisch Hall scheucht man weinende und unartige Kinder damit,

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_156.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)