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beschimpften Drescher den Bockel auf den Rücken und schicken ihn damit wieder heim.

An wen beim Abschneiden die letzten Halme zu schneiden kommen, oder wer beim Ausdreschen den letzten Streich thut, der bekommt „den Alten“, wer den Alten bekommen hat, darf an der Sichelhenke oder Flegelhenke von allen Speisen doppelt nehmen, einen Theil für sich und einen für den Alten.

In den Zeiten strenger Arbeit gibt es Mittags Knöpf und Nudeln, nach der Sichelhenke nur noch einerlei Mehlspeisen.

Der Tag, an dem die Öschprozession gehalten wird, heißt Kornfeiertag. Er wird wie ein gebotener Feiertag gefeiert, alle Feld- und schwere häusliche Arbeit wird unterlassen und die Dienstboten haben frei. Am Nachmittage wird der Maien mit Tüchern und Bändern behangen, aufgerichtet und es findet eine Tanzbelustigung statt. Von den vielen Filialen hat jedes seinen eigenen Flurgang, der immer an einem Werktage gehalten wird.

Der Name „Ösch“ ist übrigens hier unbekannt, es gibt nur Felder: ein Winterfeld, Sommerfeld, Brachfeld und statt „Öschprozession“ heißt es: „Man geht ums Korn oder man geht ums Feld.“

Wenn es an Alexis (17. Juli) regnet, so wird das Korn theuer.

Wo man Erde vom Grab des hl. Ulrich hat, dahin gehen die Ratten und Mäuse nicht. Hält man St. Ulrichstag nicht als Festtag, so kommen die Ratten ins Haus und die Mäuse ins Feld. Den „Rattenfeiertag“ muß man heiligen. (Birl. Volksth. 1, 120.)

Um zu erfahren, in welchem Vierteljahr die Frucht am theuersten wird, macht man in der Christnacht vier gleich große Häufchen Korn auf den Tisch, ein erstes, zweites, drittes und viertes. Am Morgen kann man dann finden, daß sie nicht mehr gleich sind. Das wievielte Häufchen am kleinsten ist, in dem sovielten Quartal ist die Frucht am theuersten.

Die langen Wolkenstreifen heißen hier Wetterfahnen.

Der Wirbelwind heißt Windsbraut.

Ein Weibsbild, das auf dem Felde gearbeitet, soll die Windsbraut angerufen haben:

„Windsbraut, kehr mir den Rock aus!“ worauf der Wind die Person in die Höhe gezogen; dieselbe habe bald nachher sterben müssen.

Bei einem heftigen Sturm streute man früher eine Handvoll Mehl zum Fenster hinaus, um den Sturm oder das Gewitter zu besänftigen.

Kommen unerfahrene Personen zum Ausdreschen, so schickt man sie fort, „den Balkenstieber“ (zum Abstäuben) zu holen; beim Schlachten läßt man den „Säumagenleisten“ holen; beim Ausnehmen der Bienen den „Immenstriegel“; beim Bändermachen die „Bänderscheere“.

Wenn es schneit, so schlagen einander die „Bäckenbuben.“

Früher wurde das Johannisfeuer angezündet, damit der Flachs gerathe.

Wer in der Christnacht dreierlei Frucht in der Tasche mit in die Kirche nimmt, dem soll in demselben Jahre der Sperber keine Tauben rauben.

Um den Fuchs vom Hühnerstehlen abzuhalten, kann man die geweihten Palmen um den Hof herumschleifen; in diesen Kreis herein kann der Fuchs nicht.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_172.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)