Seite:OberamtEllwangen 226.jpg

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daß man in dergleichen Gegenden den Wieswachs nicht blos in natürlichen Wiesenlagen findet, dergleichen es in den zahlreichen Thälern und Thälchen der Ellwanger Berge so viele gibt, sondern auch in Lagen, die an sich keine Wiesenlagen sind und, um richtige Wiesen zu sein, eigentlich alljährliche Düngung zur Voraussetzung haben. Kann diese Voraussetzung erfüllt werden, dann ist es gut und recht, und kann sie wegen Düngermangels je und je nicht erfüllt werden, so gewährt auch die ungedüngte Wiese immer noch einen Ertrag, während der ungedüngte Acker in diesen Lagen nicht mehr bauwürdig ist oder im Fall seines Anbaues ein negatives Ergebnis liefert.

Das werden die Erwägungen sein, auf welche die verhältnismäßig hohe Wertschätzung der Wiesen in den rauhen Gegenden sich gründet, und auf welche die wachsende Ausdehnung des Wieswachses besonders in den Ellwanger Bergen zurückzuführen ist. Dazu kommt, daß man neuerdings bei Anlegung neuer Wiesen mit Hilfe der Kleegras-Saaten gleich von Anfang an höhere Erträge hat als auf dem früheren Wege der Wiesenbildung durch natürliche Berasung oder durch Düngung natürlichen Weidelandes.

Von den Wiesen in natürlichen Wiesenlagen sind im Bezirk am meisten geschätzt diejenigen in verschiedenen Flußthälern, deren Boden ein reiches Schwemmland fruchtbarer Formationen und Formationsglieder eines größeren Hinterlandes bildet, wie die des Jagstthales, des Sechtathales, des Bühlerthals und anderer Thäler, wo die Lage nicht nur an sich feucht und dem Graswuchs günstig ist, sondern wo der Graswuchs in ziemlich regelmäßigen Überschwemmungen alljährlich neue Zufuhr an düngenden und bodenbildenden Stoffen als freies Geschenk der Natur erhält. So gilt namentlich in den genannten Thälern ein Wiesenbesitz an den bevorzugten Stellen als etwas besonders Werthvolles. Solche Wiesen gelten den doppelten Preis des Ackerfeldes und ihr Werth ist nur dadurch etwas geschmälert, daß die Überschwemmungen hie und da zur Unzeit kommen und über Winter den Mist, womit sie in der Regel nebenbei gedüngt sind, und im Sommer je und je auch den gemähten Futterertrag fortführen oder denselben wenigstens, gemäht oder ungemäht, unliebsam verschlämmen. Ferner haben diese Tieflagen auch den Nachtheil, daß das Gras nicht gerade selten im Frühjahr durch Spätfröste und sogar im Vorsommer durch Wasserreifen betroffen wird, was sein Wachsthum stört und den Futterertrag schmälert.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_226.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)