Seite:OberamtEllwangen 412.jpg

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Ludwig, der überhaupt der höchste geistliche Würdenträger des Reiches war, stammt im Ellwangen’schen das Sprichwort: „Unter dem Krummstab ist gut wohnen.“

Das Palais Adelmann Nr. 193 in der oberen Straße, ein schöner dreistockiger Bau in später römischer Renaissance aus Backstein und grau-braun überstuckt, erbaut im Jahre 1688 und erneuert 1782. Ganz oben am Haus das hohe Standbild des hl. Michael mit dem Flammenschwert, unter sich den Satan, in der Mitte des Gebäudes das Adelmann-Ulmische Alliancewappen und 1688. Über dem Portal ist das Adelmann-Reischach’sche Wappen mit der Jahreszahl 1782 und darüber eine große flott gearbeitete im Rokokostil gehaltene Madonna mit dem Jesuskinde, mit dem Stiel des Kreuzes der Schlange unter ihr in den Rachen stechend, und der Umschrift: Posuerunt me custodem. Schönes weites Treppenhaus. Hinter dem Haus ist ein großer ummauerter Garten. Das Gebäude erinnert durch den Ernst seiner Verhältnisse und durch seine trefflichen Gliederungen mit kräftigem Schattenschlag, namentlich der schwer begiebelten Fenster, an die besten gleichzeitigen Werke jenseits der Alpen. Die Fenster des Erdgeschosses sind stark vergittert.

Das Palais Beroldingen in der Schloßvorstadt war Sitz der Beroldingischen Familie und es ist das Familienwappen über dem Hausportal angebracht. Anfangs dieses Jahrhunderts war in diesem Gebäude die Stadtschreiberei. Später gieng es in das Eigenthum der Amtskorporation über. Zur Zeit dient es als Amtspflegekanzlei und zu Privatwohnungen.

Die alte Post (Schwarzadler) Nr. 65, ein hübscher Spät-Renaissancebau mitten in der Stadt gelegen, wo sich vier Straßen kreuzen. Auf dem schmucken Giebel ein Doppeladler von Schmideisen. An der Decke des Stiegenhauses eine Freskomalerei, den Olymp darstellend. Vom 3.–4. November des Jahres 1797 übernachtete hier Goethe und lassen wir dessen Briefe an Schiller (cfr. Goethes Werke von Heinr. Kurz 11. Bd. S. 308), für die Oberamtsbeschreibung nicht uninteressant, folgen: „Ellwangen 3. Novbr. 1797 – Früh 6 Uhr aus Gmünd. Vor der Stadt große Wagenburg und Geschütz. Mittags in Aalen, wo wir schöne Mädchen sahen. Hinter Buch geht der Weg aufwärts nach Schwabsberg, wo man Ellwangen vor sich auf der Höhe sieht und die Jagst unten im Thale fließt. Nachts in Ellwangen. – Großenriedt, Sonnabend 4. Novbr. Früh von Ellwangen ab. Man fährt den Weg nach dem Schloß

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Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_412.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)