Seite:OberamtMergentheim0122.jpg

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seinem etwa geringeren Nachbar nicht leicht einen Freundschaftsdienst, namentlich in Krankheitsfällen, beim Bauen etc., es schmeichelt seinem Stolze und der andere Theil lobt ihn dafür.

Freude hat die bäuerliche Bevölkerung an ihrem Besitz und sucht diesen, Vieh, Pferde, Äcker, Wagen und Geschirr, Hof und Haus nach Kräften zu mehren, der Kuhbauer trachtet Ochsenbauer und dieser „Gaulsbauer“ zu werden. Meist ist die Scheuer stattlicher, als das Wohnhaus. An diesen findet man da und dort hübsche Sprüche, z. B.:

Es ist auf Erden keine bessere List,
Als wer seiner Zunge ein Meister ist.
Viel wissen, wenig sagen,
Nicht antworten auf alle Fragen.
Einen jeden sein lassen, wer er ist,
So wirst auch du bleiben, wer du bist.


Alle die hier vorübergehen, fahren oder reiten,
Denen geb Gott Glück zu allen Zeiten.


Was du redest das sei wahr,
Was du kaufst, das zahle baar,
Was du ißst, das sei gar,
Und was du liebst, das sei rar.

Der Großbauer hat eine gewisse Passion für schöne Pferde, Geschirr und Chaise, die das Bernerwägele meist verdrängt hat; auch ist er ein Freund der Jagd, welcher aber auch oft von weniger Begüterten gehuldigt wird.

Von Volksgebräuchen hat sich gerade nicht besonders viel erhalten.

Bei Kindtaufen, Hochzeiten und in der Neujahrsnacht wird geschossen wie anderwärts; Kegelspiel, Tanz und Gesang dagegen wird fleißig gepflegt, namentlich zeigt sich die Sangeslust gern bei jeder passenden Gelegenheit, bei den angeführten Familienfesten, an sonstigen geselligen Zusammenkünften, besonders aber an der „Kirwe“, an welcher mehrere Tage lustig und nicht immer sittlich gelebt wird.

Unter den vielen Liedern spielt das Lob des Bauernstands eine besondere Rolle, z. B.:

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0122.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)