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Im Gäu lautet das kurze „i“-wie „ä“ in Fächte und Lächter statt Fichte und Lichter, während Licht in der Einzahl als Liəcht gesprochen wird.

5. Das ai, ei, äu und eu

lauten ganz gleich, indem der Franke kein „ei“, kein „äu“, kein „eu“, sondern nur ein „ai“ hat, das aber, wo es statt ei steht auch in „a“ ablautet. Das „ei“ wird nämlich als „ai“ gesprochen, wo im Mittelhochdeutschen statt des „ai“ ein „i“ stand und a lautet es statt des mittelhochdeutschen „ei“, also bei Blai, Faind, Waib, raif, waiß, laicht, Schwaiz, Rais (die Frucht); dagegen Aaer, hâl, Amer, Ache, Gâß, hâß, wâch, klâde, Sâfe, Lâme statt bei Bei, Blei, Feinde, Weib, reif, weiß, leicht, Reis; Eier, heil, Eimer, Eiche, Geise, heiß, weich, kleiden, Seife, Leimen, soviel als Lehm; „i waß“, statt ich weiß, Brotlab für Brotlaib, Laib für Leib = Körper, Laista für die Leiste, Lâst für der Leisten, „nan“ etwas nasal für nein, hamli statt heimlich; „am mâste“ statt am meisten, aber auch nasal „am mensta“, in Waldmannshofen und auch in Rinderfeld am mänsta, wie überhaupt im Gäu dieses a statt des mittelhochdeutschen ei meist wie „ä“ lautet, also Lädder statt Leiter, häß, Schwäß, wäch statt heiß, Schweiß, weich, Säffe statt Seife, Gäß statt Geiß, Säl, Fläsch statt Seil, Fleisch, „i wäß“ statt ich weiß, hämm statt heim, zwän etwas nasal statt zwei; doch wird da auch das „ai“ zum ä in „Geigensätte“ statt Geigensaite.

Die Endsilben „eit“ und „heit“ lauten im Fränkischen gewöhnlich „ət“ „Arwət“ statt Arbeit, „Krankət“ statt Krankheit, „Wårət“ statt Wahrheit.

„Theil und feil“ mit Vorsilben verbunden werden zu tel und fel Vôrtel, wollfel statt Vortheil, wohlfeil.

In Hochzeit geht das „zeit“ in „ich“ über: Hôchzich, in Rinderfeld „Håchzt“, in Waldmannshofen, Sechselbach „Hachzt“. Die Endsilbe „heim“ bei Ortsnamen wird in „i“ abgekürzt Uffni, Ulsni, Waichni statt Uffenheim, Ulsenheim, Weichenheim, besonders findet dies vor „rs“ oder „ls“ statt, also Schäfterschi, Weikerschi, Elperschi, Igerschi, Markelschi, dagegen Mergentheim oder gewöhnlich Märchadôl(thal) und statt Bischofsheim Bischama.

Die Deminutivendung „lein“ = „chen“ wird in der Einzahl in „li“, in der Mehrzahl in „lich“ umgelautet, also Häffeli, Schüsseli, Kächeli statt Häfelein, Schüsselein, Kächellein, Madli statt Mädchen, in der Mehrzahl Schüsselich, Häffelich, Kächellich, Madlich.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0143.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)