Seite:OberamtMergentheim0154.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gebraucht wird – sondern hinter dasselbe gesetzt, oder wenn es vor dem Umstandswörtlein steht, nach demselben noch einmal wiederholt z. B. „des ist mal sehr ein guter Wein“, „des ist e sehr e schön’s Haus“, „der hot e årge[ER 1] schöni Frâ“ statt der hat eine sehr schöne Frau.


II. Wortschatz.

Zugleich Darstellung der Lebensweise, Sitten und Gebräuche, gruppirt zunächst nach dem Lauf des Jahres und nach den Verhältnissen des menschlichen Lebens von der Wiege bis zum Grabe.[1]

Neujahr. In der Neujahrsnacht, die mit zahlreich besuchtem Abendgottesdienst eingeleitet wird (das fränkische Volk ist überhaupt sehr kirchlich), werden in manchen Orten von den Bürgern häufig Wecken, besonders „Schlacken“, auch geflochtene „Ring“ in Partieen, Bård (Part) von je 5 Spielern herausgekartelt. Zwei gewinnen die 5 Brote, drei gehen leer aus.

Sobald es 12 Uhr schlägt, wird in vielen Orten in den Wirthshäusern von allen Anwesenden ein Choral besonders „Nun danket alle Gott“ gesungen.

In manchen Häusern trinken Bursche und Mädchen, „s leddi G’sind“ (das ledige Gesinde), gemeinschaftlich Kaffee, wozu die Mädchen die Bohnen, die Bursche die Wecken zu liefern haben.

In der Neujahrsnacht oder auch in der Nacht vor dem sogenannten „großen Neujahr“, auch „Obersttag“, „Dreikönigsfest“ genannt, also in der Nacht vom 5. auf 6. Januar werden von den Burschen einzelnen Mädchen als Zeichen der Abneigung und Verachtung, also zur Schande, oder um sich wegen Verschmähtwordenseins zu rächen, „ströweri Bretza“ d. h. Kränze von Stroh in die Nähe der Schlafkammer auf das Dach gelegt oder an Bäume etc. gehängt. Natürlich schauen die Mädchen am Morgen dieses Tages eilends nach, ob nicht ein so fatales Ehrenzeichen ihnen gebracht worden ist.

Lichtmeß. An Lichtmeß, dem Hauptwandertag der Dienstboten („Ähelte“ = Ehehalten) oder vielmehr am Tage darauf, wann derselbe ein Dienstag oder Freitag ist, denn nur an diesen beiden Tagen „stehen sie an“ d. h. treten sie in den Dienst,


  1. Von Pfarrer Speier in Elpersheim, unter Mitwirkung von Pfarrer Immendörfer in Archshofen, Oberlehrer Abelein in Creglingen und Schullehrer Himmelein in Waldmannshofen.

Errata

  1. S. 154 Z. 4 lies årge. Siehe Berichtigungen und Ergänzungen, Seite 835.
Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0154.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)