Seite:OberamtMergentheim0255.jpg

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im Bezirk wird unten die Rede sein. Drei Meilen westlich von diesem zog der römische Grenzwall jene bekannte Scheidewand zwischen dem Kulturgebiet und den Wohnsitzen der Barbaren. Schon darum tritt der Bezirk erst spät in das Licht der Geschichte. Und auch über die Kämpfe, welche seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts dem Grenzwall entlang getobt, über die Umstände, unter welchen die deutschen Stämme in unserem Gebiet einander gefolgt sind: Markomannen, Chatten, Hermunduren, Burgunder, Alemannen, Franken, über die schließliche Unterwerfung unter fränkische Herrschaft im sechsten und die Einführung des Christenthums im achten Jahrhundert unserer Zeitrechnung – über alles das ist uns durchaus nichts Näheres überliefert. Ob wir die Ortsnamen Reutsachsen und Sechselbach auf die Übersiedlung der Sachsen nach den Maingegenden unter König Theodorich (Bavaria IV, 1, 156) beziehen dürfen, oder erst auf die Ansiedlung sächsischer Kriegsgefangener unter Karl dem Großen, ist zweifelhaft. Slavische Ortsnamen, welche in dem Nachbarbezirk Gerabronn auf Slavenkolonien hinweisen, finden sich im Amt Mergentheim nicht. Die ältesten urkundlichen Nachrichten über Orte des Bezirks betreffen das 741 gegründete Bisthum Würzburg. Dieses erwirbt 807 von dem Taubergaugrafen Audulf, Kaiser Karls des Großen Seneschall und Küchenmeister, von welchem vielleicht Adolzhausen den Namen hat, den Üttingshof bei Althausen und Anderes gegen Abtretung von Gütern in Freudenbach und Waldmannshofen: die ersten Anzeichen einer ausgedehnten Herrschaft des Bisthums im Bezirk Mergentheim. Dann folgt das von Bonifacius 744 neu gegründete Kloster Fulda, welches im neunten Jahrhundert in Laudenbach, Lohrhof, Vorbachzimmern und Weikersheim, vielleicht auch in Neubronn, Oberndorf und Standorf (s. die Ortsbeschreibung) begütert ist. All dieser geistliche Besitz wird als im Tauber- und Gollachthal gelegen bezeichnet. Die Grenzen dieser beiden Gaue innerhalb unseres Bezirkes sind nicht mehr genau zu ziehen; zum Gollachgau werden wohl nur die am weitesten nach Ost gelegenen Orte gehört haben. Innerhalb des Taubergaus lag im 11. Jahrhundert eine Grafschaft Mergentheim, von der man jedoch nicht mehr erfährt, als daß die Orte Marstadt, eine Meile nördlich, und Röttingen, zwei Meilen östlich von der Stadt Mergentheim gelegen, ersteres 1058, letzteres 1103, zu der Grafschaft gehört haben. Mit dem Anfang des 12. Jahrhunderts tritt an die Stelle der Gaubezeichnung

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0255.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)