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Zu bemerken ist hier und giltig bis zum Ende des Kriegs, daß die Armeen auf beiden Seiten, bei den Franzosen, Schweden, Weimaranern und Hessen wie bei Österreichern, Bayern und Sachsen, nie mehr in der Stärke auftreten, wie in der unmittelbar vorangehenden Periode des Kriegs. Sie übersteigen jetzt selten 20.000 Mann; meist treten sie auf in der Stärke von 16–17.000 Mann. Es erklärt sich dies einmal aus der Zerrissenheit des vieltheiligen Kriegsschauplatzes und aus der räumlichen Entfernung der gleichzeitigen Kriegstheater, dann aber auch aus dem unglaublichen Zusammenschmelzen der Bevölkerung in Deutschland; nur Frankreich und Österreich stand ein noch nicht bis zum Äußersten erschöpftes Menschenmaterial zu Gebot. Aus der verhältnismäßig geringen Kopfstärke der Heere erklärt sich auch das überraschend schnelle Hin- und Herwerfen derselben, ihre große Beweglichkeit, welche an die Marschgeschwindigkeit der modernen Heere erinnert und ermöglicht war durch die leichte Verpflegung der geringen Kopfzahl.

In der Zusammensetzung der Heere spielt die Kavallerie immer noch die hervorragende Rolle; sie macht häufig die Hälfte der Armee aus, jedenfalls ein Drittheil. Die Infanterie kämpft noch als Musketiere und Pikeniere; die Artillerie tritt ziemlich zahlreich, doch nirgends ausschlaggebend auf.

Nach der Einnahme Rottweils bezogen die Franzosen sammt den weimarischen Truppen Ende des Jahres 1643 Winterquartiere um Tuttlingen. Mercy, der seither abgewartet hatte, glaubte jetzt die Zeit für einen entscheidenden Schlag gekommen. Hauptsächlich der kühne Reiter- und Avantgardeführer Johann v. Werth, der sich auf sein Glück im Überfallen der Quartiere etwas zu gut that, drängte zu rascher That. Über Rottenburg auf Sigmaringen marschirend fiel Johann v. Werth von Osten her, von der ganz unvermutheten Seite, über die sich sicher wähnenden Feinde her und verjagte die da und dort in einzelnen Abtheilungen zerstreuten Franzosen, indem er ihnen bedeutende Verluste beibrachte und reiche Beute abnahm. Nach heftigem Straßenkampfe wurde auch das Hauptquartier Tuttlingen eingenommen; etwas später fiel auch Rottweil den Bayern wieder in die Hände. In einzelnen Haufen zogen die geschlagenen Feinde dem Rheine zu und wurden unter Turennes Befehl im Elsaß auf’s Neue formirt.

Mit dem Anfang des Jahrs 1644 standen die Aussichten für Österreich und Bayern so günstig wie schon lange nicht mehr, und in dem Sinne schienen sie auch die seit 1642 zu Münster betriebenen Friedensunterhandlungen beeinflussen zu können.

Um das ganze rechte Rheinufer vollends in die Hände der Bayern zu bringen, hatte Mercy im Sommer 1644 angefangen, Freiburg, das noch von den Franzosen besetzt war, zu belagern. Zum Entsatz und zugleich brennend vor Begierde, den Tag von Tuttlingen zu rächen, zogen Franzosen und Weimaraner unter dem Herzog von Enghien (Condé) und Turenne über den Rhein und begannen die feste Stellung Mercys vor Freiburg zu bestürmen. Nach unsäglichen Opfern gelang es auch dem trotzigen Muthe Enghiens, die Bayern zum Weichen zu bringen. Mercy war genöthigt, seine Stellung zu

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0294.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)