Seite:OberamtMergentheim0323.jpg

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der Seitenschiffe, starke Rippenkreuzgewölbe, sind noch ursprünglich; auch sieht man am Hochschiff Ansätze zu höheren Gewölben. Der schönste Theil der Kirche ist der Chor, mit seinen schlank aufschießenden, prächtig kapitellirten Wandsäulen, welche noch die ursprünglichen Rippenkreuzgewölbe tragen; auf den Schlußsteinen sieht man hier von Westen nach Osten ein offenes Rund, das Lamm Gottes und einen schwebenden Engel; an den Kapitellen Vögel, zwei Männlein, Laubwerk mit Gethier, noch an den spätromanischen Stil erinnernd.

Im Jahre 1851/52 wurde der Chor, 1861/62 das Schiff der Kirche restaurirt, früher schon mit neuen Altären und Chorstühlen versehen. Der hohe Hauptaltar im Chor ist ein Werk der Holzschnitzerei von Sickinger in München in neugothischem Stil, das Hauptbild stellt die Taufe Christi dar, dann sind nach Sickingers Zeichnungen die beiden Seitenaltäre und die Kanzel, wobei die Ausführung dem hiesigen Kunstschreiner Georg Eichhorn zukam; die Chorstühle wurden von Stadtrath Volk von hier ausgeführt, Alles in höchst ansprechender Gothik. An der sehr schönen Kanzel sieht man die vier Evangelisten in Holz geschnitzt, darüber einen hohen durchbrochenen Schalldeckel. Im Vorbau vor dem Südportal befindet sich jetzt ein großes früheres Altargemälde mit der Darstellung des Pfingstfestes.

Nördlich ist an die Kirche die zweistockige Eck’sche Kapelle, unten Sakristei, angebaut, im Anfang des 17. Jahrhunderts (1606/7) von dem Freiherrn Marquard von Eck, Deutschordens-Komthur gestiftet, demselben der auch im Jahr 1607 die Kirche zu Stuppach erbaute. (s. d.) Ohne Zweifel hatte er auch denselben Baumeister, denn sie ist in dem gleichen originellen, spätest gothischen Stil erbaut, wie die schöne Stuppacher Kirche. Die Kapelle hat an der Wand reiche Renaissancepfeiler und zwei prächtige Gewölbe, eines in Netz-, das andere in Sternform, noch mit guten Malereien (Geburt Christi) geschmückt. Der von Eck gestiftete Marienaltar ist nicht mehr vorhanden, auf dem der Ritter knieend dargestellt war (Schönh.). Dagegen erhielt sich sein Grabdenkmal (jetzt in der Kirche selbst) aus weißgraulichem Marmor. Marquard von Eck kniet auf einem Drachen, hinter ihm Sankt Georg. Auf ihn blickt Maria aus den Wolken, unten vier sehr gute Reliefs aus der Geschichte des Heilands. Von andern Grabmälern im linken Seitenschiff nennen wir: den schönen Grabstein des Johann Philipp Hartmann Schutzbar, genannt Milchling, Teutschordensritter, Rathsgebietiger der Ballei

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Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 323. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0323.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)