Seite:OberamtMergentheim0347.jpg

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Dem Lyceum gegenüber steht ein Eckhaus, größeres Holzhaus, „zum Blumenstock“, am Eckbalken mit den in Holz geschnittenen noch gothisirenden Gestalten des h. Wendelin und der h. Katharina, darunter die Brustbilder der Erbauer und die Inschrift: Wendelinus Keller 1667 Jahr den 22. August aufgericht. Elisabeth Kathrina Kellerin 1667 Jahr.

Nicht weit davon, auf der andern Seite, unweit des Rathhauses, steht ein schönes, steinernes Renaissancehaus mit oben abgetragenem Giebel, jetzt im Besitze des Sattlers Schellmann. Innen im Hof überrascht uns ein sehr reiches figurirtes Renaissanceportal mit kanellirten korinthischen Säulen; von ihm aus führt eine schöne steinerne Wendeltreppe durch das ganze Haus hinauf; im Haus noch eine stuckirte Decke. Dasselbe gehörte einst dem Kanzler Leonh. Kirchheimer († 1609), dem für diesen Hof eine Brunnengerechtigkeit – der Brunnen läuft noch – verliehen wurde; das Dokument ist im Besitz des jetzigen Hauseigenthümers. Ein Vorbau des Hauses neben dem Portal ruht zierlich auf einer toskanischen Säule; dieselbe steht ohne Zweifel an Stelle einer korinthischen, weil ein großer korinthischer Knauf samt verziertem Renaissancepostament sich noch im Keller vorfindet, daselbst auch eine jonische Säule. Neben diesem Haus steht eines mit kräftigem Rundbogeneingang und großartiger Löwenmaske im Schlußstein und mit hübschen Schmideisengittern.

Weiter steht in der Mühlwehrgasse, links beim Herausgehen ein großes, sehenswerthes Renaissancehaus, dreistockig mit steinernen Sprossenfenstern und hohem, keckem, mit jonischen Pilastern verziertem Renaissancegiebel, ganz oben ein Ritterlein mit Schild. Ganz in der Nähe ein zweistockiges Häuschen mit hübschen kanellirten Pilastern und dem h. Florian: S. Florianus intercedat pro nobis.

Zu nennen ist noch gegenüber dem Anbau an der Johanniskirche ein hübscher Hauseingang mit schönem, messingenem Thürklopfer, Kopf mit Schlange, oben in reich stuckirter Nische der etwa lebensgroße heil. Joseph mit dem Christkinde, dann eine gar liebliche, steinerne Madonna am Hause des früheren Stadtschultheißen Ruf. Endlich der große, lange, sehr stattliche, mit reichem Portal versehene, frühere Schönthaler-Hof oder Probsthof, mit profanirter Kirche, jetzt Bierbrauerei (siehe auch unten). Der ehemalige, bei der Stadtpfarrkirche gelegene, umfangreiche Johannitterhof bietet gar nichts Bemerkenswerthes.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0347.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)