Seite:OberamtMergentheim0367.jpg

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verdankte sie den Stürmen des Bauernkriegs. Dieser gieng an der Stadt keineswegs spurlos vorüber. (Den Antheil des Bezirks an demselben s. S. 275 ff.) Dort waren schon gegen Ende März Unruhen ausgebrochen und der Komthur Wolfgang von Bibra hatte nicht verhindern können, daß ein meuterischer Bürgerhaufe, den Schönthaler Hof erstürmend, sich der reichen Weinvorräthe der geistlichen Herren bemächtigte und Tage lang sichs auf deren Kosten wohl sein ließ. Nicht fern von der Stadt lag Georg Metzler von Ballenberg mit einem Haufen Odenwälder. Durch sie aufgehetzt, übte eine Partie aufbrausender junger Leute ihren Übermuth im Gespött und trotzigen Reden über die Ordensherren und den Komthur aus. Noch war zwar die Mehrheit der Bürgerschaft dem Orden treu ergeben, und man versprach dem Komthur, man werde sich als treue fromme Bürger beweisen. Allein schon nach wenigen Tagen traten zuerst in dem Amt Neuhaus drohende Ereignisse ein. Der Komthur beschwichtigte die einen durch das schriftliche Versprechen, ihre Lasten zu erleichtern und sie vom evangelischen Glauben nicht zu verdrängen. Andere aber erklärten, man müsse sich mit den Aufständischen verbrüdern und sich der Ordensgüter bemächtigen, ehe diese sie wegnehmen; wieder Andere wollten, Mergentheim müsse eine freie Reichsstadt und der Deutschorden von Haus und Stadt vertrieben werden. In der Stadt selbst erhob sich bald Zweifel, ob man die Stadt gegen die heranziehenden Bauernscharen werde behaupten können. Man forschte die Stärke der in der Nähe liegenden aus und fand sie sehr bedeutend. Da beschloß die Gemeinde auf die Aufforderung ihrer Anführer, dieselben dadurch zu befriedigen, daß sie ein Fähnlein von hundert Mann zu ihnen hinausziehen ließ, und noch an demselben Tag, am 5. April, begab sich der Komthur auch selbst hinaus ins Bauernlager, um die Gefahr von der Stadt und von Neuhaus womöglich abzuwenden. Gegen die Zusage einer ansehnlichen Geldsumme und der nöthigsten Lieferungen gaben ihm zwar die Hauptleute das Versprechen, die Stadt nicht zu berühren und nicht einmal einem Hühnlein etwas Leides anthun zu wollen. Allein schon am andern Tag, vielleicht weil der Komthur seine Zusage nicht rasch genug erfüllen konnte, bemächtigten sie sich der Weinlager des Ordens in Markelsheim, leerten sie völlig aus und lagerten sich an 5000 Mann stark auf den Wiesen vor Mergentheim, vom Wein erhitzt und durch die Predigten der Prädikanten in dem Glauben befangen, daß keine feindliche

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0367.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)