Seite:OberamtMergentheim0370.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Wohnsitz, das Haus zu Mergentheim, mit stärkerer Besatzung und reichlicheren Unterhaltungsmitteln zu versorgen. Die Mannschaft sollte sofort noch mit 25 Fußknechten verstärkt, vom Komthur zu Kapfenburg noch ein Haufe von 40–50 angeworben und im Fall der Noth dem Hause zu Mergentheim eiligst Hilfe von Rothenburg, Münnerstadt, Weinheim und Weißenburg gesandt werden. Als so das Nöthige vorgekehrt war, wünschte der hochbejahrte Deutschmeister seines sorgenvollen Amtes entbunden zu werden. Er berief auf Mitte Dezember ein Generalkapitel des Ordens nach Mergentheim, welches seine Amtsniederlegung annahm und auf seinen Vorschlag den Komthur zu Frankfurt, Walther von Kronberg, zum Nachfolger wählte. Auch diesem wurde das Ordenshaus Mergentheim mit allen seinen Nutzungen und einem widerruflichen Jahreszuschuß von 600 Rhein. Gulden auf 12 Jahre zugewiesen. Im Dezember des folgenden Jahres, 1527, übertrug ihm und seinen Nachfolgern der Kaiser auch die Administration des durch Beitritt zur Reformation für Preußen verloren gegangenen Hochmeisterthums.

Was Walthers Regierung für uns besonders denkwürdig macht, ist die Aufhebung der Leibeigenschaft in Mergentheim. Nachdem Ende März 1536 ein Generalkapitel, im August desselben Jahrs ein Provinzialkapitel zu Mergentheim gehalten worden war, berief der Deutschmeister im September 1537 bereits wieder sämmtliche Gebietiger in Franken zu einem Kapitelgespräch in Mergentheim, weil Bürgermeister, Rath und Gemeinde sich um Aufhebung der in der Stadt bestehenden Leibeigenschaft an ihn gewandt hatten. Man erkannte in der Berathung darüber an, daß solche Leibeigenschaft einen überaus rechtmäßigen, guten Anfang und Grund habe, die Aufhebung aber zuversichtlich dem Deutschmeister und dem Orden zu Lob, der Stadt Mergentheim zu besonderem Gut und Aufnahme kommen werde. Es wurde daher beschlossen, weil die Leibeigenschaft seit undenklichen Zeiten dem Komthur zugehört habe, mit der Stadt wegen einer Entschädigung für denselben von jährlich 15–20 Gulden in Verhandlung zu treten. Am 12. November 1537 kam zwischen dem Deutschmeister und dem Rath der Stadt ein Vertrag zu Stande, worin der erstere die gesammte Bürgerschaft und alle ihre Nachkommen von der Leibeigenschaft und allem, was mit ihr zusammenhing, völlig frei und ledig erklärte, wogegen der Rath sich verpflichtete, dem jederzeitigen Komthur zu Mergentheim zu ewigen Zeiten als Entgelt jährlich 15 Gulden zu entrichten.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0370.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)